: Vorspeise im Hals
Nach dem Pasching-Fiasko stolpert Werder Bremen mit zittrigen Beinen in die neue Bundesliga-Saison
Bremen taz ■ Arg gebeutelt saßen sie da, am Donnerstag im „Multisaal“ des Weserstadions. Die sportlichen Verantwortlichen des SV Werder Bremen, Trainer Thomas Schaaf und Sportdirektor Klaus Allofs, standen der Presse mit Leichenbittermienen Rede und Antwort.
Dabei war es Allofs höchstpersönlich gewesen, der den Gegner im UI-Cup-Halbfinale kleingeredet hatte. „Nach der Vorspeise kommt bekanntlich der Hauptgang“, tönte er vor dem Pasching-Spiel, „und der heißt für uns Bundesliga.“ Nach dem 0:4-Debakel beim Schlusslicht der österreichischen Liga sah sich Trainer Schaaf jetzt veranlasst, sarkastisch einzuräumen, dass „es fährlässig wäre zu sagen, Berlin ist ein guter Aufbaugegner für das Rückspiel gegen Pasching am nächsten Mittwoch“.
Die Stimmung bei Werder Bremen ist jedenfalls pünktlich zum Bundesliga-Auftakt heute bei Hertha BSC Berlin am Nullpunkt angekommen. Man könne ja durchaus mal einen schlechten Tag haben und verlieren, „weil man einfach scheiße gespielt hat“, sagte Schaaf, der sich vor allem für die mitgereisten Fans „schämte“. Doch seine Spieler hätten die 90 Minuten in der oberösterreichischen Provinz ohne jede Gegenwehr über sich ergehen lassen. „Es war kein Herz auf dem Platz“, sagte Schaaf konsterniert – und man hätte sich nicht gewundert, wenn er plötzlich losgeheult hätte.
Auch Allofs war geladen: Die Mannschaft habe in Pasching nach dem Motto gespielt: „Wir wollen schon, aber wir wollen uns dabei nicht dreckig machen.“ So etwas könne man sich „in dieser Form nicht bieten lassen“. Allofs drohte den Spielern empfindliche Gehaltskürzungen an, sollte das Saisonziel UEFA-Cup-Platz nicht erreicht werden. Niemand im Verein könne sich daran erinnern, „dass so etwas in dieser Form bei Werder schon mal vorgekommen ist“.
In der Tat ist es für die Arbeit des Duos Allofs/Schaaf eher ungewöhnlich, dass das Team derart negative Schlagzeilen produziert. Auch die Saisonvorbereitung war geräuschlos verlaufen. Bemerkenswert war allein, dass der Verein von seinen Gepflogenheiten bei Neuverpflichtungen abgerückt war. Die hatten bisher gelautet: Werder holt junge Spieler, zahlt für sie Ablösesummen und verkauft sie zwei, drei Jahre später weiter. Diesmal entschied man sich für günstigere, weniger riskante Transfers: Torhüter Andreas Reinke kam ablösefrei aus Spanien, und die erfahrenen Recken Ümit Davala und Valerien Ismaël wurden nur für ein Jahr ausgeliehen.
Allofs schließt jedoch nicht aus, doch noch einen Angreifer an die Weser zu holen. Vor allem der seit geraumer Zeit indisponierte Ailton, der nur noch durch Clownerien, aber nicht mehr durch Tore auf sich aufmerksam macht, bereitet den Werder-Verantwortlichen Kummer. „Er ist ja ein Liebling unserer Massen“, sagt Schaaf ein wenig ratlos, „doch es fällt schon schwer, wenn er jetzt immer noch abgefeiert wird.“ Markus Jox