: Streit in Arafats Hauptquartier
Krise um von Israel gesuchte Kämpfer der Al-Aksa-Brigaden beigelegt. Proteste gegen Trennanlage
JERUSALEM taz ■ Nach 18 Monaten nahezu ununterbrochener Blockade wird es Palästinenserpräsident Jassir Arafat in seinem Hauptquartier in Ramallah nun offenbar doch zu eng. Um Israel bei der Entscheidung über eine Reiseerleichterung sowie über den Truppenabzug aus der Stadt entgegenzukommen, forderte er am Wochenende eine Gruppe von Aktivisten der Fatah-nahen Al-Aksa-Brigaden auf, sein Regierungszentrum zu verlassen. Die 17 Männer werden seit gut einem Jahr vom israelischen Militär gesucht.
Nur fünf von ihnen hatten sich auf die für sie zunächst geplante Verlegung in eine Haftanstalt in Jericho eingelassen, die Restlichen drohten mit einem Hungerstreik. Daraufhin wurden alle von palästinensischen Sicherheitsbeamten festgenommen und entwaffnet. Erst nachdem mehrere Splittergruppen der militanten Organisation damit drohten, die so genannte Hudna, den Waffenstillstand, zu beenden und die Selbstmordattentate sowie Angriffe auf jüdische Siedler und Soldaten wieder aufzunehmen, einigte sich man darauf, dass die Männer wieder in den Gebäudeflügel von Arafats Amtssitz zurückkehren dürfen, in dem sie sich bisher aufhielten. Der Kompromiss war auf Vermittlung der USA möglich geworden, die sich dafür verbürgen mussten, dass keine Maßnahmen gegen die gesuchten Extremisten oder gegen Arafat unternommen werden.
Auf palästinensischer Seite wurde die Hoffnung laut, dass Arafats Druck auf die eigenen Extremisten die erneut stockende Umsetzung der „Roadmap“ wieder vorantreiben wird. Bereits in der vergangenen Woche scheiterten die Verhandlungen zwischen dem israelischen Stabschef Schaul Mofas und dem palästinensischen Minister für Sicherheitsangelegenheiten Mohammed Dahlan. Die israelische Seite lehnt die Übergabe Ramallahs an die Palästinenser ab und bieten stattdessen die Städte Jericho und Kalkilia für den bevorstehenden Abzug der Truppen an.
Auch die seit Wochen angekündigte Amnestie von zunächst 540 politischen Häftlingen verzögert sich weiter. Einem Bericht der Jerusalem Post zufolge will die israelische Regierung offenbar weitere hundert palästinensische Gefangene freilassen. Insgesamt sind rund 6.000 Palästinenser in Israel inhaftiert.
Dahlan beharrte, nicht zuletzt mit Blick auf die Blockade des Regierungssitzes, auf einen Abzug aus Ramallah. Offiziell räumt die israelische Regierung dem Palästinenserpräsidenten Reisefreiheit ein. Arafat hat jedoch Grund zur Sorge, dass ihm die Einreise verweigert werden wird, sollte er einen Auslandsaufenthalt riskieren. In Israel war wiederholt der Landesverweis für den Palästinenserpräsidenten diskutiert worden. Premierminister Ariel Scharon erklärte jüngst, dass Arafat an einer Reise nach Gaza nicht gehindert werden würde, „vorausgesetzt, dass er dort bleibt“.
An einem Militärkontrollpunkt im Süden von Ramallah wurde gestern ein Taxifahrer erschossen, nachdem er eine Aufforderung anzuhalten offenbar überhört hatte. Unter dem Protest von israelischen, palästinensischen und ausländischen Friedensaktivisten setzten Bulldozer unterdessen den Bau des Schutzwalls zwischen Israel und den Palästinensergebieten fort. Die Demonstranten hatten sich südöstlich von Kalkilia bei einer palästinensischen Familie versammelt, deren Haus zu beiden Seiten durch die Trennanlagen von der Umgebung abgeschnitten wird. SUSANNE KNAUL