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Archiv-Artikel

Der soziale Staubsauger

Über ein Jahr mussten die Jugendlichen der Problemsiedlung Grohner Düne auf ihr Jugendhaus verzichten, das für das Einkaufszentrums Haven Höövt abgerissen wurde. Morgen wird neu eröffnet

Bremen taz ■ Das Warten hat ein Ende: Vier Monate nachdem das Vegesacker Shoppingcenter „Haven Höövt“ eröffnet wurde, und ein Jahr, nachdem das alte Jugendhaus wegen ersterem abgerissen wurde, übergibt morgen Haven-Höövt-Investor Frank Albrecht das von ihm finanzierte „Jugendcafé Hafen Hövt“ an die Sozial- und Jugendsenatorin Karin Röpke (SPD).

Ein Grund für die Verzögerung war, dass sich lange kein Träger finden wollte, der im Auftrag des Amtes für Soziale Dienste das Haus betreiben würde. Doch gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz Bremen Nord (DRK) hat die Arbeiterwohlfahrt Bremen (AWO) die Trägerschaft übernommen, nachdem die Hans-Wendt-Stiftung sich wegen zu knapper Zuschüsse nicht mehr weiter dort engagieren wollte. Auch die neuen Träger sind skeptisch, ob das Geld reichen wird, und wollen Ende des Jahres entscheiden, wie und ob es weitergeht. „Das muss sich rechnen“, sagt Klaus Westing, Referatsleiter für Kinder und Jugendliche bei der AWO. Er nennt das Jugendcafé einen „sozialen Staubsauger“, weil es direkt zwischen der Problemsiedlung „Grohner Düne“ am Vegesacker Bahnhof und „Haven Höövt“ liegt. Ein Indiz dafür, dass die Jugendlichen wie mit einem Staubsauger von dort weggesogen werden sollen, ist auch, dass das Amt für Soziale Dienste den Trägern die Auflage gemacht hat, sich an den Öffnungszeiten des Haven Höövt zu orientieren. Doch das hat auch am Samstag von 9.30 bis 18 Uhr auf – und um das abzudecken, seien 1,5 Stellen verteilt auf zwei feste Mitarbeiter einfach zu wenig, sagt AWO-Mann Westing. So stehen das Jugendcafé und die sechs Internetplätze in der Woche von 15.30 bis 20 Uhr zur Verfügung. „Am Wochenende könnte man das Haus für einzelne Gruppen öffnen, die sich dann auch verantwortlich fühlen“, sagt Westing vorsichtig.

„Begegnung und Bildung“ lautet das Konzept der Einrichtung: Im oberen Teil des geräumigen Gebäudes sollen Seminare und Weiterbildungen wie etwa Erste-Hilfe-Kurse stattfinden, das Erdgeschoss dient als offener Treffpunkt. Was angeboten wird, das dürfen die Jugendlichen selbst entscheiden, sagt Westing. Und: „Wir bieten hier bestimmt keine Makramee-Kurse an.“ Auch über geschlechtsspezifische Projekte soll die Nachfrage bestimmen. Sollten Mädchen oder junge Frauen eigene Räume oder Kurse fordern, müsste allerdings erst einmal eine weibliche Honorarkraft engagiert werden: Die beiden Sozialarbeiter sind Männer.

Der zuständige Abteilungsleiter im Sozialzentrum Vegsack, Michael Henker, hält diese Orientierung an den Bedürfnissen der Jugendlichen für richtig. Mit einer Ausnahme: An der Planung des Gebäudes wurden die Jugendlichen nicht beteiligt und auch nicht gefragt, ob sie unbedingt ein Internetcafé wollten. Die Idee kam vom Haven-Höövt-Investor Albrecht, der auch die sechs PCs stiftete. „Wir sind davon ausgegangen, dass die das interessiert“, sagt Henker. Und: „Wir haben uns 1999 ganz bewusst gegen die Einbeziehung der Jugendlichen entschieden.“ Der Grund: Damals sei schon abzusehen gewesen, dass die bei der Eröffnung schon zu alt sein würden, um sich noch in dem Jugendhaus aufzuhalten. „Die hätten sich sonst veräppelt gefühlt.“

Dabei wird Beteiligung in Bremen eigentlich groß geschrieben: Im so genannten Anpassungskonzept für Kinder und Jugendliche wurde festgehalten, alle Einrichtungen müssten sich die Frage stellen, ob sie tatsächlich in dieser Form gewollt würden – der Sparzwang der großen Koalition lässt grüßen. Anette Klasing von der Jugendbildungsstätte Lidice Haus in Bremen Nord jedenfalls bedauert, hier sei eine „Chance vertan“ worden. „Schade“, sagt sie, „damit hätte man sich rühmen können.“

Eiken Bruhn

Eröffnung: Donnerstag 16 Uhr, Zugang neben dem Parkhaus. Ab 17.30 Grillparty mit Programm