: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Trotz Casual Wear in Neuhardenberg muss sich der Kanzler damit trösten, dass noch kein Sanierer zum Belegschaftsliebling des Jahres gewählt wurde. Und: Der DFB findet nur Irre, solange er den Weltmeistertitel verlangt
taz: Was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Wäre es zu banal, an dieser Stelle noch mal aufs Wetter zu sprechen zu kommen?
Geschenkt. Was wird gut in dieser?
Jan Ullrich greift an. Doch. Bitte.
Am Wochenende war es mal wieder so weit: Klausurtagung der Regierung in Neuhardenberg. Was hat sie gebracht?
Wie geplant: Bilder. Müntefering und Stolpe in Casual Wear, Schröder mit zuzahlungsfreier Nickelbrille, Wieczorek-Zeul stellt sich protestierenden Bürgern. Jojo Joseph Fischer überrundet ganz wörtlich andere Kabinettsmitglieder, was in seiner Biografie oft drastische Veränderungen ankündigte; während die Aussage der Bundesregierung im Gegenteil heißt: „Wir ziehen das jetzt so durch.“
Wenn man eine Bilanz der rot-grünen Bundesregierung nach der ersten Halbzeit dieser Legislaturperiode zieht, auf welchen Feldern war sie überhaupt erfolgreich?
Außenpolitisch. Bush hat im Rahmen seiner Möglichkeiten Reue gezeigt. Innenpolitisch muss sich Schröder mit der Erfahrung trösten, dass noch kein Sanierer zum Belegschaftsliebling des Jahres gewählt wurde – auch keiner, der es deutlich besser macht als er.
Warum?
Ein Beispiel: Schon der Begriff „Agenda 2010“ ist eine Leerstelle. So wie „Strahler 70“ oder „Raider heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix“. Man vermag die Änderung, Abschaffung des Althergebrachten, oft Bewährten zu erkennen – der Zähler eines Bruchs, der keinen Nenner hat. Wohlverstanden: ich fordere keinen schickeren Begriffsschwindel, sondern eine leitende Idee, aus der sich dann ein überzeugender Begriff ergäbe. „Sozialdemokratie“ ist eine nationale Idee von Verteilungsgerechtigkeit und Solidarität innerhalb einer Nation. Die heutige Aufgabe aber ist international.
Diese Woche besucht der Kanzler allein drei Unternehmen. Sollte er nach dem Zoff beim SPD-Gewerkschaftsrat nicht lieber drei Gewerkschaften besuchen?
Na toll. Besucht er die Gewerkschaften – die Besitzstandsguerilla der Jobinhaber – wird er gefragt, warum er nicht lieber die Arbeitslosen besucht. Die schicken ihn dann wieder zu den Bossen, nach Jobs zu fragen. Immerhin, da bekommt der Mann ein bisschen Bewegung an frischer Luft. Auf jeden Fall hat sich Gerhard Schröder seinen Urlaub verdient. Nach zwei Jahren Balkonien soll es nun mal wieder nach Italien gehen – falls italienische Minister nicht wieder deutsche Touristen beleidigen.
Wie kann Hannover reagieren?
Gelassen.
Wenn Schröder so viel Geld wie der Ex-Mannesmann-Boss Klaus Esser hätte, könnte er sich noch ganz andere Urlaube leisten. Der hat sich den Verkauf seines Unternehmens gut vergelten lassen. Was für einen Ausgang erwarten Sie vom Mannesmann-Prozess?
Freispruch im Sinne der Anklage; was die Jungs sich in die Tasche gesteckt haben, ist mit Fiskalgesetzen nicht zu fassen, sondern fällt unters Pornografieverbot. Übrigens: Wenn es „sein“ Unternehmen gewesen wäre, gäbe es nichts zu meckern. Das ist der zentrale Denkfehler!
Überhaupt nicht in Urlaubsstimmung sind die Arbeitgeber. Die finden, die Deutschen sollten mehr arbeiten und nicht so viel Ferien machen. Hilft das der Wirtschaft auf die Sprünge?
Nö. Das ist die x-te Formulierung für das immer Gleiche: Lohnsenkung. Dieselben Unternehmer klagen über zu wenig Aufträge – die nehmen nicht zu, wenn sich die Belegschaft künftig 42, 45, 50 Stunden oder ’ne Extrawoche im Betrieb langweilt. Der Generalbass dieser Frechheiten heißt ja stets „ … ohne Lohnausgleich“.
Wie viel Ferien gönnen Sie sich?
Eine Woche.
Und was macht der DFB?
Einen ganz banalen Fehler: Solange er als Jobbeschreibung vorgibt, es gelte „unsere Jungs zur Weltmeisterschaft im eigenen Land zu führen“, wird man nur Irre finden. FRAGEN: SR