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Archiv-Artikel

Ein Dämpfer für Koizumi

Bei Japans Oberhauswahlen legt die oppositionelle Demokratische Partei kräftig zu

TOKIO taz ■ Bei Wahlen für das japanische Oberhaus hat die wichtigste Oppositionskraft, die Demokratische Partei (DPJ), 12 Sitze hinzugewonnen. Laut amtlichem Endergebnis vom Montag errang die Liberaldemokratische Partei (LDP) von Premierminister Junichiro Koizumi 49 der 121 zu vergebenden Sitze. Sie verfehlte damit ihr Wahlziel um zwei Sitze. Beim Urnengang vom Sonntag wurde nur die Hälfte des Oberhauses neu bestellt.

Obwohl diese Parlamentskammer geringere Kompetenzen hat als das Unterhaus, musste Koizumi den Wahltermin durchaus ernst nehmen und sich entsprechend im Wahlkampf engagieren. Denn 1998 kosteten Verluste bei den Oberhauswahlen den damaligen Premier Ryutaro Hashimoto den Job.

Koizumi wies erneut Spekulationen über einen möglichen Rücktritt zurück. Solange seine Koalition über eine Mehrheit in beiden Parlamentskammern verfüge, bestehe dazu kein Anlass. Die Koalitionspartnerin, die buddhistische Neue Komeito-Partei, gewann einen Sitz hinzu.

LDP und Komeito haben im Oberhaus nun 139 der 242 Sitze. Die Popularität des charismatischen Premiers, der einst Zustimmungsraten von über 90 Prozent erzielt hatte, sackte in diesem Frühjahr auf 36 Prozent. Innenpolitisch heftig umstritten sind der Irakeinsatz japanischer Truppen und die Reform der Altersvorsorge. Die Japaner müssen für ihre Altersvorsorge bei niedrigeren Renten höhere Prämien entrichten. Auch innerhalb der LDP ist Koizumi nicht mehr unangefochten.

Um die Herzen der Wähler zu gewinnen, hatte der 62-Jährige versprochen, die Autobahngebühren zu senken. Noch spektakulärer war die von seiner Regierung am vergangenen Freitag arrangierte Familienzusammenführung zwischen einer einst nach Nordkorea verschleppten Japanerin und ihrem Ehemann. Mit Obsession verfolgen die Japaner das Schicksal von Hitomi Soga und Charles Robert Jenkins, einem ehemaligen amerikanischen Soldaten, der sich 1965 als Deserteur nach Nordkorea abgesetzt haben soll. Koizumi hatte die Zusammenführung im Mai in Nordkorea eingeleitet.

Nach diesen Wahlen, bei denen die LDP ihre eigenen Vorgaben nicht erreicht hat, werden jene in der Partei Morgenluft wittern, die Koizumi so lange zu dulden bereit waren, wie er der Partei Stimmengewinne garantierte. Einen Herausforderer mit reellen Chancen gibt es zurzeit aber nicht – weder in der LDP noch in der oppositionellen DPJ, die vom blassen Katsuya Okada geführt wird.

Koizumi räumte gestern ein, das Wahlergebnis könne als Kritik an seinem Reformprogramm interpretiert werden. Doch belege dies auch, dass er mit seiner Reformagenda vorwärts komme. Im September will der Premier mit der Restrukturierung des schwerfälligen japanischen Postwesens loslegen. Zudem wird mit einer baldigen Kabinettsumbildung gerechnet.

MARCO KAUFFMANN