: Verweigerung lohnt sich
Für Wirtschaftssenator Wolf (PDS) sind die Nachbesserungen bei Hartz IV nur ein erster Schritt. Die Kritik aber bleibe. Auch der DGB will weiter gegen die Verschlechterungen für Arbeitslose kämpfen
VON RICHARD ROTHER
Trotz Kanzlerrunde – die Kritik bleibt. So bewerteten gestern DGB und PDS-Senatoren die am Montagabend bei Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vereinbarten Hartz-IV-Umsetzungen für die ostdeutschen Bundesländer. „Es hat sich gelohnt, dass die ostdeutschen Länder und Berlin dem Gesetz im Bundesrat nicht zugestimmt haben“, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS) im Anschluss an ein Treffen mit dem DGB. An dem regelmäßig stattfindenden Arbeitstreffen nahm neben dem DGB-Landeschef noch die Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) teil.
Bundeskanzler Schröder und die Ministerpräsidenten der Ostländer hatten sich am Montagabend darauf verständigt, die so genannten Eingliederungshilfen auf Problemregionen mit einer Arbeitslosigkeit von mehr als 15 Prozent zu konzentrieren. Von den Zuwendungen der Bundesagentur für Arbeit für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen in Höhe von insgesamt 6,35 Milliarden Euro sollen rund 41 Prozent nach Ostdeutschland fließen. Wie viel Geld davon letztlich in Berlin ankommt, konnte Wirtschaftssenator Wolf gestern noch nicht sagen. Auch bei der Arbeitsagentur musste noch gerechnet werden. Es werde aber mehr sein, als Berlin normalerweise zustünde, so Wolf. Dies sei ein Schritt in die richtige Richtung. Dennoch bleibe es bei der grundsätzlichen Kritik an Hartz IV. Diese Reform leide insbesondere in Ostdeutschland unter einem Missverhältnis zwischen Fördern und Fordern.
Für den DGB-Landeschef Dieter Scholz können die Ergebnisse der Kanzlerrunde „nicht befriedigen“. Er habe noch „keinen Frieden mit dem Gesetz“ gemacht.
Scholz appellierte an die Regierungen der neuen Länder und an die Ost-Bundestagsabgeordneten, auf weitere Korrekturen an Hartz IV zu drängen. Auch die Gewerkschaften würden in ihrem Widerstand nicht nachlassen. „Die Messen sind bei Hartz IV noch nicht gesungen.“
Die Hartz-IV-Reform bedeute einen immensen Umstrukturierungsprozess, so Sozialsenatorin Knake-Werner. Letztlich gehe es aber nicht nur darum, dass die Menschen ihr geringes Arbeitslosengeld II bekämen, sondern dass sie die Chance erhielten, da herauszukommen. Hier benötige man einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Allerdings ließen die Gesetze dafür wenig Möglichkeiten.
So sollen in Zukunft die Kommunen die bisherige Sozialhilfe nicht mehr für Beschäftigungsmaßnahmen kapitalisieren können. Das heißt: Will die Kommune einen Alg-II-Empfänger versicherungspflichtig beschäftigen, darf sie dafür nicht mehr die Ausgaben für dessen ehemalige Sozialhilfe verrechnen, sondern muss den Job „von Null auf“ finanzieren. Entsprechend teuer werden kommunale Jobs, mit denen Arbeitslose einen Anspruch auf das normale Arbeitslosengeld erwerben können. Allein für 300 Stellen bräuchte man sechs Millionen Euro, heißt es in der Sozialverwaltung.
In der vergangenen Woche hat der Bundesrat mit der Mehrheit der westdeutschen Länder die von der rot-grünen Bundesregierung eingebrachten Hartz-IV-Regelungen beschlossen. Demnach werden Arbeitslosen- und Sozialhilfe auf Sozialhilfe-Niveau zusammengelegt. Gleichzeitig werden die Anrechnungen von Vermögen und Partnereinkommen verschärft. Davon sind insbesondere die ostdeutschen Länder und Berlin betroffen, weil hier die Diskrepanz zwischen der Zahl der Arbeitslosen und der der offenen Stellen besonders groß ist. Daher hatten die Ostländer einschließlich Berlins die Zustimmung zur Reform verweigert.