piwik no script img

Archiv-Artikel

„Es braucht harte Sanktionen“

Deutschlands Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul: „Völkermord in Zeitlupe“

Von D.J.

taz: Sudans Regierung sagt, dass sie ihre Verpflichtungen in Darfur einhält. Vertrauen Sie ihr, dass sie das wirklich tut?

Heidemarie Wieczorek-Zeul: Nein, denn in den letzten Monaten wurden immer wieder Zusagen gemacht und nicht eingehalten. Seit der Sudanreise von Colin Powell Anfang Juli sind weitere Dörfer in Darfur zerstört worden. Nicht nur werden die Zusagen nicht eingehalten, sondern die Gewalt wird fortgesetzt.

Was sollte die internationale Gemeinschaft jetzt tun?

Es braucht harte Sanktionen – nicht gegen die Bevölkerung, sondern gegen die Regierung. Es gibt schon seit längerem ein EU-Waffenembargo. Zusätzlich muss es ein UN-Waffenembargo gegen den Sudan geben. Konten von Regierungsmitgliedern sollten eingefroren werden.

Im vorliegenden UN-Resolutionsentwurf werden der Regierung in Khartum Sanktionen nach 30 Tagen angedroht. Halten Sie das für ausreichend?

Nein. In jedem anderen Fall hätte es längst UN-Sanktionen gegeben. Aus Anlass des 10. Jahrestags des Genozids in Ruanda haben wir alle gesagt, die internationale Gemeinschaft wird nie mehr wegsehen. Nun sind Ruanda und Sudan sicher nicht vergleichbar, aber wenn eine Million Menschen sterben könnte, wäre es ein „Völkermord in Zeitlupe“, wie John Prendergast von der International Crisis Group gesagt hat. Wir können doch nicht gleichzeitig das Versagen in Ruanda 1994 beklagen und heute daraus keine Konsequenzen ziehen. Deshalb bin ich froh, dass wir als Bundesregierung in dieser Frage die treibende Kraft sind.

Die Afrikanische Union (AU) will Truppen nach Darfur schicken. Wie können Deutschland und die EU das unterstützen?

Dafür kann finanziell die Peace Facility der EU genutzt werden, und ich bin auch einverstanden damit, Mittel aus dem Europäischen Entwicklungsfonds zur Verfügung zu stellen. Wenn die AU weitere Anträge stellt, wird die EU sie genehmigen, da bin ich sicher. Sicherheit ist für die Menschen in Darfur das größte Problem. Deshalb müssen afrikanische Friedenstruppen über die 300 AU-Soldaten hinaus zur Verfügung stehen; 300 reichen nicht für eine Region von der Größe Frankreichs. INTERVIEW: D.J.