: Kein Kahlschlag bei Schlesiern
Beim Schuldenmachen sieht Gabriel MP Wulff als „Generalfeldmarschall“. Nach Verkündigung der Sparpläne bekommt der Finanzminister friendly fire von der CDU
Hannover taz/dpa ■ Zu den Kürzungen, die nicht ganz so weh tun, kam es dann doch nicht. Nein, die Zuschüsse für den „Schlesierpreis“ und für den „Niedersachsentag“ seien nicht komplett gestrichen, sondern nur gedrosselt worden, korrigierte Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) die Sparpläne des Kabinetts, die er am Dienstag konkretisiert hatte.
Um die Kreditaufnahme zu senken, will die Landesregierung im kommenden Jahr 134 Millionen Euro bei den „rechtlich nicht gebundenen Mitteln“ kürzen. Deshalb bekam Möllring gestern sogar friendly fire: Die Landesregierung dürfe nicht da sparen, wo die Not am größten, aber die Lobby am kleinsten sei, sagte der Chef der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Max Matthiesen. Bei der Streichung des Landesblindengeldes und der Qualifizierung Nichtsesshafter sei dies aber der Fall, betonte der Mann von den CDU-Sozialausschüssen.
Der SPD-Fraktionschef setzte noch einen drauf: Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) habe „die Sozialdemokraten früher gern als Schuldenmajore bezeichnet“, sagte Sigmar Gabriel. „Wenn man sich jetzt ansieht, in welcher Größenordnung in Niedersachsen Schulden gemacht werden, dann ist er Schuldengeneralfeldmarschall.“ Inklusive Schattenhaushalte wolle Schwarz-Gelb bis 2005 Schulden in Höhe von 7,8 Milliarden Euro anhäufen. „Wir haben in sechs Jahren 9,6 Milliarden Euro Schulden gemacht“, sagte Gabriel. „Wenn das so weitergeht, haben die am Ende der Regierungszeit doppelt so viele Schulden organisiert wie die SPD.“
DGB-Landeschef Hartmut Tölle warnte vor „Kahlschlagpolitik“. Mit den Streichungen in Höhe von 50 Millionen Euro im Wirtschaftsministerium „lasse das Land seine schwächeren Regionen im Regen stehen“. „Welchen Stellenwert hat denn der ehrenamtliche, verbandlich organisierte Naturschutz in Niedersachsen noch?“, fragte Nabu-Landeschef Hans-Jörg Helm. In diesem und im kommenden Jahr sei die Förderung der vier Umweltverbände um 62 Prozent auf 200.000 Euro gesenkt worden – “einzigartig in dieser Höhe“, ärgerte sich Helm.
„Ob Taube oder Querschnittsgelähmte – es gibt viele Handicaps, für die nichts gezahlt wird“, verteidigte indes Stefan Homburg, Wirtschaftsprofessor an der Uni Hannover, die besonders umstrittene Streichung des Landesblindengeldes. 11.400 Sehbehinderte im Land sollen im kommenden Jahr nicht mehr einkommensunabhängig 409 Euro pro Monat erhalten, sondern Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz. Die Sehbehinderten tragen damit den größten Anteil an Möllrings Sparplänen. „Dass jemand blind ist, sagt doch nichts über seine finanzielle Lage aus“, betonte Homburg, der Landes- wie Bundesregierung berät. Durch die Kürzungen seien schmerzhaftere Einschnitte vor allem in der Pflege vermieden worden. Kai Schöneberg