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Archiv-Artikel

Ein Softy für den harten CSU-Wahlkampf

Jemand hat ein Wasserglas auf der Bühne zerdeppert. Gleich neben den Scherben steht ein kleiner Mann mit silbergrauer Krawatte. Es ist Alexander Dobrindt, 38, der Neue. „Scherben bringen Glück“, witzelt Dobrindt und deutet nach unten. Niemand lacht. Er hatte schlagfertig wirken wollen. Doch irgendwie sieht der neue CSU-Generalsekretär bei seinen ersten fünf Minuten im Rampenlicht furchtbar verlegen aus.

Ab sofort hat er den anspruchsvollsten Job, den die CSU zu bieten hat. Noch mehr als in anderen Parteien prägt der Generalsekretär das Bild der CSU nach außen. Politiker, die sich dort geschickt anstellen, erwartet eine glanzvolle Karriere. So wie einst Edmund Stoiber – oder nun: der neue Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Andere gehen an diesem Posten kaputt. So wie Christine Haderthauer.

Als sich Parteichef Horst Seehofer jetzt für Dobrindt entschied, stellte er ihm gleich eine Stellvertreterin zur Seite: die 30-jährige Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär. „Ken und Barbie in der Krabbelgruppe“ titelte die Abendzeitung über die beiden. Nett ist das nicht.

Dabei liest sich Dobrindts Werdegang grundsolide. 1970 in Peißenberg geboren, Abitur, Soziologiestudium, seit 19 Jahren bei der CSU. 2002 wurde Dobrindt in den Bundestag gewählt und schnell wirtschaftspolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe. Auf seiner Homepage informiert er über herausragende Leistungen seiner Abgeordnetentätigkeit. „Dobrindt setzt sich für Kaminkehrer ein“, wird dort vermeldet. Daheim in Peißenberg ist der engagierte Parlamentarier Mitglied im Schützenverein. „Vor zwei Wochen wurde ich zum dritten Mal Schützenkönig“, erzählt Dobrindt stolz. Seehofer sagt, er schätze ihn, weil er auch mal seine eigene Meinung sage. Christine Scheel von den Grünen lobt Dobrindt, weil er offener für erneuerbare Energien sei als in der CSU üblich. Doch für Dobrindt geht es im neuen Job weniger darum, der Partei grüne Ideen beizubringen. Er muss seine CSU bei Europa- und Bundestagswahl gut aussehen lassen. Laut Umfragen wird das schwer. Vorgänger wie Markus Söder haben in schweren Zeiten gerne verbal auf die politische Konkurrenz eingedroschen.

Doch davon will Dobrindt in seinem ersten großen Interview, das er gestern dem Hamburger Abendblatt gegeben hat, nichts wissen. „Man muss nicht unbedingt Wadlbeißer sein“, findet der kommende Superwahlkämpfer, der ansonsten recht gerne in Worthülsen spricht: „Wir müssen die Menschen wieder mehr ernst nehmen und mitnehmen“, meint Dobrindt – und schickt sich an, der erste Softy-Generalsekretär in der Geschichte der CSU zu werden. Wenn das Franz-Josef Strauß selig wüsste.

BERNHARD HÜBNER