: Gesichtskontrolle im Schanzenpark
Bündnis gegen Wasserturm-Hotel befürchtet weitere Yuppiesierung. Schon heute greife die Polizei bei jeder Kleinigkeit ein. Trotz gegenteiliger Versprechen sei die Nutzung des Parks eingeschränkt worden. Morgen Demonstration und Fest
von gernot knödler
Der anstehende Bau eines Hotels im Wasserturm hat bereits begonnen, das Klima im Sternschanzen-Park zu verändern. „Kleinste Ereignisse werden zum Anlass genommen einzuschreiten“, wirft Peter Hass vom Schanzenbuchladen der Polizei und dem Ordnungsdienst vor. Hass und seine Mitstreiter vom Bündnis gegen das Hotel befürchten, dass künftig jeder schikaniert wird, der nicht so adrett daherkommt wie Hotelgäste oder Messebesucher. Überdies fördere das Projekt die Yuppiesierung des Schanzenviertels.
Auf den ersten Blick scheint das Vorhaben der Patrizia Immobilien AG und der Hotelkette Mövenpick in Ordnung zu sein. Ein städtebaulicher Vertrag mit der Stadt verpflichtet sie, „genehmigungsfreie Nutzungen und genehmigte Sondernutzungen im Sternschanzenpark im bisherigen Umfang weder rechtlich noch tatsächlich zu behindern“.
Schon bei den Sondernutzungen liegt allerdings der Hase im Pfeffer. Die Vertragspartner einigten sich 1996 auf eine Liste, nach der zum Beispiel „vier ganztägige Flohmärkte“, „bis zu zwei maximal einwöchige politische Veranstaltungen“ oder „bis zu drei maximal zweitägige Freiluftkinoveranstaltungen bis maximal ein Uhr nachts“ möglich sind. Für sechs Tage lohne sich der Aufbau des Freiluftkinos nicht, sagt Jens Meyer vom Veranstalter 3001. Das Kino, das im Sommer 15.000 Menschen anlockte, dürfte künftig nicht mehr stattfinden (taz berichtete).
Nach Beobachtungen der Bündnis-Leute dürfte es mit der genehmigungsfreien Nutzung nicht mehr so weitergehen wie bisher: Am vergangenen Mittwoch hätten zum Beispiel ein paar Leute gegrillt und eine Frau Geige gespielt. Daraufhin sei die Feuerwehr mit einem Löschzug angerückt, und die Polizei habe der Frau das Geigen verboten mit dem Hinweis, sie störe das Freiluftkino. Dabei bedarf dieses wegen seiner Lautstärke einer Sondergenehmigung.
Die Polizei laufe fünf Mann hoch Streife, berichten die Leute von der Initiative, der Ordnungsdienst zwinge Hundebesitzer, ihre Tiere anzuleinen, Afrikaner gleich welchen Alters würden bei nichtigen Anlässen kontrolliert. Meyer: „Wir haben schon überlegt, ob wir den Aufpasser für unsere Anlagen wegschicken, weil so viel Polizei unterwegs ist.“
Die Polizei möchte zwar aus taktischen Gründen keine genauen Angaben machen, dementiert jedoch diesen Eindruck. Weil das Drogenproblem abgenommen habe, sei „die Zahl der Beamten auf eher niedrigerem Niveau als früher“.
Das Wasserturm-Bündnis hat schon vor einiger Zeit mit Aktionen gegen das Hotel-Projekt begonnen. SchülerInnen hielten eine Mahnwache im Park, Anwohner begrünten den für den Hotelbau gerodeten Hang zur S-Bahn, und noch bis Anfang August will das Bündnis donnerstags von 16.30 bis 19.30 Uhr vor dem Hanseviertel in der City protestieren. Das sei bisher sehr effektiv gewesen. Hass: „Es reichte, dass wir mit zehn Leuten einen Infotisch machten – und schon wurde das gesamte Hanseviertel abgesperrt.“ Jeder, der demoverdächtig ausgesehen habe, sei von der Polizei abgewiesen worden.
Das Bündnis umfasst Hass zufolge 20 bis 40 Leute“ – von Geschäftsleuten über Schüler bis zu Flora-Aktivisten, die sich einmal pro Woche treffen. Morgen Nachmittag ab 15 Uhr ruft es zu einer Demonstration für die Erhaltung des Wasserturms und des Schanzenparks auf. Startpunkt ist der U-Bahnhof Feldstraße. Von 17 bis 22 Uhr wird es zu Füßen des Turms ein Fest geben unter dem Motto „Dancing in the Park“.