piwik no script img

Archiv-Artikel

Freispruch in Sachen Freiflug

Im Korruptionsfall der Dolmetscheraffäre spricht das Landgericht Berlin drei Kripobeamte frei. Trotz eines erheblichen Verdachts. Die Polizisten sollen falsche Dolmetscherrechnungen abgezeichnet und dafür Reisen geschenkt bekommen haben

von RICHARD ROTHER

Sie sind mit einem blauen Auge davongekommen: die drei Polizisten, die das Berliner Landgericht nach der so genannten Dolmetscheraffäre vom Vorwurf der Korruption freisprach. Der das sagt, ist kein Geringerer als der Richter, und er lässt in der Urteilsbegründung kaum Zweifel daran, dass viele Indizien gegen die Angeklagten sprechen. Nur der schlüssige Beweis fehlte nach Ansicht des Gerichts.

Die Polizisten im Drogenreferat des Landeskriminalamts waren angeklagt, für ihre Unterschrift auf falschen Übersetzungsabrechnungen eines türkischen Dolmetschers Auslandsreisen spendiert bekommen zu haben. Der Vorwurf lautete auf Bestechlichkeit, Vorteilsnahme und Beihilfe zum Betrug. Der Prozss gegen den Übersetzer, der 1995 der Behörde eine Anzahl von Computern zur besseren Auswertung der Telefonüberwachung zur Verfügung gestellt hat, wird fortgesetzt. Der Dolmetscher soll sich mit den fingierten Rechnungen rund 440.000 Euro erschlichen haben. Die Angeklagten hätten keinen Anlass gehabt, an den Angaben des Dolmetschers zu zweifeln, hieß es gestern in der Urteilsbegründung. Wenn man seit Jahren mit einem Dolmetscher zusammenarbeite, könne man davon ausgehen, dass die Angaben richtig seien, so der Richter. Auch er könne nicht jeden Abrechnungsbeleg überprüfen, der ihm vorgelegt werde. Dass die Angeklagten die Rechnungen vorsätzlich in Kenntnis ihrer Unrichtigkeit abzeichneten, sei ihnen nicht nachzuweisen. Bei der Fülle von Rechnungen sei es nachvollziehbar, dass nicht jede einzelne Abrechnung geprüft worden sei.

Im Hinblick auf den Vorwurf der Vorteilsnahme sprach das Gericht von einem „knappen Freispruch“. So liege zwar ein ehrblicher Verdacht, aber kein Beweis vor, dass die Angeklagten Auslandsreisen nach Chicago, Prag und Kitzbühel spendiert bekamen. Alle Beteiligten hatten ausgesagt, dass die Polizisten dem Dolmetscher, der die Reisen zunächst bezahlte, die Kosten in Höhe von rund 2.000 Mark später erstattet hätten – in bar. Dies sei zwar verdächtig, aber kein Beweis, so der Richter. Auch seien die Angeklagten aufgrund ihrer Einkommensverhältnisse durchaus in der Lage gewesen, sich die Reisen aus eigener Tasche zu leisten. Selbst der Anlasss der selbst finanzierten Reise nach Chicago, ein wichtiges Basketballspiel mit dem NBA-Star Michael Jordon, sei im „Rahmen des Denkbaren“ – schließlich sei einer der Angeklagten Schiedsrichter bei Basketballspielen.

Dass der für die Angeklagten glückliche Freispruch dennoch Wirkung in den Dienststellen der Polizei enfaltet, davon ist das Gericht überzeugt. „Die Beamten sehen, wie haarscharf man manchmal am Rande der Straffälligkeit agiert.“