Oralsex mit Folgen

Im Fall des Pornoskandals im Priesterseminar St. Pölten stellt Staatsanwaltschaft Strafantrag gegen 27-Jährigen

WIEN taz ■ Der Pornoskandal im Priesterseminar St. Pölten hat erste strafrechtliche Konsequenzen: Gestern wurde von der Staatsanwaltschaft Strafantrag gegen einen 27-jährigen Polen gestellt. Auf seinem Privat-PC konnte sie Bilder sicherstellen, die gegen Paragraph 207a StG – Besitz kinderpornografischer Bilder – verstoßen. Darunter sind Fotos, auf denen Mädchen von etwa sechs Jahren beim Oralverkehr mit Männern zu sehen sind.

Mit den Vorgängen im Priesterseminar St. Pölten, wo Schüler und Leiter gegen das Keuschheitsgebot verstoßen haben sollen, befasst sich inzwischen eine Kommission, die der verantwortliche Bischof Kurt Krenn eingesetzt hat. Helmut Schüller, der Ombudsmann der Erzdiözese Wien für Opfer sexuellen Missbrauchs, bezweifelt, dass diese Untersuchung tief genug gehen wird. Denn die Kommission ist Bischof Krenn allein unterstellt. Dieser behauptet standhaft, auf Fotos, die den Regens und den Subregens des Seminars bei Zungenkuss und intimen Berührungen mit Seminaristen zeigen, seien keine homosexuellen Akte zu sehen. Bischöfen, die ihm als Verantwortlichen für das Priesterausbildungsinstitut den Rücktritt nahe legten, richtete er über die Medien aus, das gehe sie „einen Dreck an“.

Auch der Seminarleiter, Regens Ulrich Küchl, dementierte in einem Brief an seine Pfarrgemeinde jede sexuelle Annährung an seine Zöglinge. Bei dem Foto, auf dem er einem Schüler zwischen die Beine greift, handle es sich „um eine unglückliche Einstellung“.

Die Affäre hat, unabhängig von kirchenrechtlichen Konsequenzen, zu einer breiten Debatte über Scheinmoral in der Kirche geführt. Engagierte Katholiken stellen wieder die Frage, ob der Zölibat noch zeitgemäß sei. Gleichzeitig meldet die Diözese St. Pölten einen steilen Anstieg von Kirchenaustritten.

Der Pastoraltheologe Paul Zulehner hofft, dass der Vatikan, der einzig befugt ist, Bischöfe abzuberufen, bald eingreife. Nach seiner im Radio geäußerten Einschätzung habe der schwer alkoholkranke Bischof Krenn in Rom Freunde wie Gegner. Unterstützt werde er vor allem von den Polen wie Marian Jaworski, Bischof von Lemberg, und Papstsekretär Stanislaw Dziwisz.

RALF LEONHARD