: Nischenfernsehen vor dem Aus
Die Landesanstalt für Medien droht dem Sender tv.nrw mit Lizenzentzug, sollte sich an seiner Gesellschafterstruktur nichts ändern. Mögliche Investoren, Besitzer und Geschäftsführer gehen auf Tauchstation. Ende des Jahres könnte Schluss sein
VON ELMAR KOK
„Wir müssen jetzt langsam mal zu einem Ende kommen“, sagt Peter Widlok, Sprecher der Landesanstalt für Medien (LfM) in Nordrhein-Westfalen, die für die Vergabe der TV-Lizenzen im Bundesland zuständig ist. Die Geduld mit dem Sender tv.nrw innerhalb der Behörde scheint aufgebraucht. „Im Prinzip stehen die Fakten immer noch genauso da, wie vor einem Jahr“, sagt Widlok, aber „irgendwann ist das Ende der Fahnenstange erreicht“.
Die Landesanstalt stört sich immer noch an der nicht geklärten Eigentümerstruktur des Senders und an dessen Programmstruktur, wie Widlok sagt. Letztendlich sei das Programm nur immer noch nicht das, was bei der Lizenzvergabe an den Sender geplant war, sagt er. Aus diesen Gründen droht dem Sender der Lizenzentzug.
Nachts senden die Dortmunder Fernsehmacher Wiederholungen von Erotikshows von 9Live, auch Horoskop-Programme des Baden-Württembergischen Privat- und Landessenders BTV 4U. Dem war in der letzten Woche von der zuständigen Landesanstalt für Kommunikation in Baden-Württemberg die Verlängerung der Sendelizenz abgesprochen worden. Begründung der Medienwächter: Alleingesellschafter Thomas Hornauer habe gegen die Auflagen verstoßen, sich nicht in die Programmgestaltung einzumischen und einen kompetenten Jugendschutzbeauftragten einzustellen. Zudem habe er den Redaktionsstatus nicht beachtet. Für die Zuschauer von tv.nrw könnte Hornauer zukünftig nicht nur wegen der von ihm verbreiteten Astro-Shows interessant werden. Nach Insider-Informationen soll sich der gelernte Gießer und ehemalige Wirt eine Option auf den Kauf der Mehrheitsanteile an tv.nrw gesichert haben.
Anteile des Senders werden demnächst den Besitzer wechseln, will tv.nrw seine Lizenz behalten. Mehrheitsgesellschafter des Senders ist die Kölner APM Medien Agentur, deren Geschäftsführer Georg von Auersperg im letzten Jahr die Anteile in Höhe von jeweils 30 Prozent von der WAZ und der Rheinisch-Bergischen Verlagsgesellschaft (RBVG) erworben hatte. 10 Prozent des Senders kaufte er vom Treuhänder Roger Schaack. Die restlichen Anteile von tv.nrw gehören dem Kölner Verlagshaus DuMont Schauberg.
Mit dieser Konstruktion hat die LfM in Nordrhein-Westfalen ein Problem, denn an APM war das Verlagshaus Du Mont früher mit 75 Prozent beteiligt. Da der Sender in Köln Ballungsraumfernsehen betreibt, wäre das im lokalen Markt, den die Publikationen des DuMont-Verlages dominieren, eine zusätzliche Konzentration. Die Eigentümerfrage müsse endlich geklärt werden, fordert nun Peter Widlok. Ob ihm der Name Hornauer etwas sage? „Ich habe den Namen mal gehört, doch damit beschäftigen wir uns erst einmal nicht.“
Möglich, dass die LfM demnächst dazu gezwungen sein wird, sich mit Thomas Hornauer zu beschäftigen. Auf Anfrage der taz bei Hornauer antwortete er auf seine mögliche Beteiligung angesprochen ausweichend: „Die Sache mit tv.nrw bleibt vorerst unkommentiert.“ Vor dem Hintergrund des Lizenzentzugs für seinen Sender will sich der Medienmacher nicht zu weiteren Engagements äußern. Auch Besitzer und Geschäftsführer des Nischenfernsehens haben sich bis auf weiteres verkrochen. Weder Geschäftsführer Jürgen Schütte noch Hauptanteilseigner Georg von Auersperg waren vor Redaktionsschluss für ein Statement zur Situation des Senders zu erreichen.
Vielleicht hoffen sie noch darauf, dass die LfM wieder ein Jahr verstreichen lässt. Allerdings sagt Widlok: „Wir sind in gewisser Weise langmütig, aber die nächste Anhörung ist die letzte Gelegenheit.“ Wann die Gelegenheit kommt, steht noch nicht fest. „Einen Termin dazu gibt es noch nicht“, sagt Widlok.