Die olfaktorische Offensive

Geruchsmanager oder, ganz neu, Duft-DJs zielen nun auf unseren Riechkolben – wir können ihnen nicht entgehen

Das Ding ist ein vorgeschobener Teil des Gehirns, sitzt hinter dem Dreieck zwischen Stirn und Nase und ist pausenlos im Einsatz. Die Rede ist vom Riechkolben, gerade mal so groß wie ein Streichholzkopf und doch Dreh- und Angelpunkt einer prosperierende Branche. Die kennt, neben dem Duftberater bei Douglas und den Herstellern von Deodorants nun einen nagelneuen Beruf, der angeblich hipper nicht sein könnte: der Duft-DJ.

In Londoner Clubs soll er längst am Werk sein und Räume nicht mit Schallwellen, sondern Molekülen bespielen. Nun ist die Erkenntnis, dass Düfte sich bewusst oder unbewusst auf das Wohlbefinden der Menschen auswirken, so alt wie die Erkenntnis selbst. Und weil schon seit 4.000 Jahren kein indischer Tempel ohne Räucherstäbchen auskommt, war es nur eine Frage der Zeit, bis mit Bollywood und Bhangra auch der Duft ferner Kulturen nach Europa schwappt. Nun lässt sich in Supermärkten, Bäckereien, im Auto-Designen oder in Galerien schon seit Jahren der strategische Einsatz nicht nur von Farben, sondern auch von Düften beobachten.

Aber diesmal geht der Trend nicht ins heimische Badezimmer oder, noch intimer, unter die Achseln, sondern an öffentliche Orte wie Flughäfen, Diskotheken oder Bahnhöfe. Pink Floyd haben damit Ende der psychedelischen Sechzigerjahre auf Konzerten experimentiert.

Am Frankfurter Hauptbahnhof etwa können Reisende seit Jahren eine sinnliche Aufrüstung beobachten: Plakate oder Filmchen, die unsere Aufmerksamkeit erregen wollen; mit seichter Musik aus verborgenen Lautsprechern, die uns abregen und notfalls auch Junkies aus Einkaufspassagen vertreiben soll.

Als die Reinigungstruppen der Pariser U-Bahn unlängst auf ein anderes Putzmittel umstellten, war der kollektive Aufschrei groß und und belegte eine erstaunliche Sensibilität in Nasenfragen. Visuell und akustisch werden wir also auch an transitorischen Orten schon lange „verwöhnt“, nun kommt die olfaktorische Variante ins Spiel. Ihr können wir nicht entgehen. Es ist die Totalmobilmachung unserer Sinne.

Was nun noch fehlt und dringend erfunden werden müsste, das wäre beispielsweise die künstliche Erzeugung von Vibrationen, etwa zur U-Bahn-Simulation in Städten ohne U-Bahn. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch Politiker die suggestive Kraft des Duftes für sich entdecken. Frau Merkel empfehlen wir einen schweren Moschus. FRA