: Wer ist diese Frau?
Traumberuf SchauspielerIn (2): Auf den Willen kommt es an, meint Marzia Weichert. Nach der Schauspielschule landete sie erst einmal als Moderatorin bei „Bibel TV“, doch der Traum von den Film- und Fernsehrollen bleibt
Protokoll: Carolin Ströbele
Wenn mich jemand fragt, ob ich ihm zur Schauspielerei raten würde, würde ich ihm sagen, er soll es sich gut überlegen. Wenn er das, was viele Leute „brotlose Kunst“ nennen, tatsächlich machen will und auch wirklich dahintersteht, dann kann ich ihm nur das weitergeben, was meine Eltern mir gesagt haben: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“
Als ich erfahren habe, dass ich die Abschlussprüfung an der Hamburger Schauspielschule bestanden hatte, war das einer der glücklichsten Tage in meinem Leben. Ich war so erleichtert, es fiel mir wirklich eine riesige Last von meinen Schultern. Ich hab richtig über dem Boden geschwebt.
Ich wusste: Es liegt jetzt nur an mir, an meinen eigenen Entscheidungen, wie ich weitermache. Während der Schulzeit hatte ich häufig das Gefühl, dass ich in bestimmte Rollenfächer gedrängt wurde, in denen ich mich gar nicht so gesehen habe. Ich möchte die Schauspielausbildung nicht missen, ich habe viele schöne Sachen erlebt und viel Neues an mir entdeckt. Aber nach drei Jahren an der Schule will ich an die frische Luft und auf eigenen Füßen stehen. Letztlich muss jeder seinen eigenen Weg finden. Allerdings habe ich erst mal Zeit gebraucht, um mir darüber klar zu werden, was ich überhaupt machen will. Und so ganz fertig bin ich damit auch noch nicht.
Im Moment will ich Film und Fernsehen machen und die Bühne erst mal in den Hintergrund stellen. Dafür habe ich mich schon bei verschiedenen Agenturen beworben. Bei Film und Fernsehen läuft das meiste über Agenturen. Das hat den Vorteil, dass man jemanden hat, der einem den vertraglichen Teil abnimmt, so dass man sich ganz aufs Spielen konzentrieren kann. Man kann natürlich auch versuchen, über Low- oder No-Budget-Filme irgendwie reinzukommen und „Vitamin B“ aufzubauen.
Das Problem bei beiden Alternativen ist Geld. Ich arbeite zwar nebenbei, um mich irgendwie über Wasser zu halten, aber um mir ein professionelles Demo- Video und gute Fotos machen zu lassen, fehlt mir leider das Geld. Andererseits hat man, wenn man viel arbeitet, zu wenig Zeit für Filmprojekte, für die man nicht bezahlt wird. Es ist echt schwierig. Aber so leicht gebe ich nicht auf.
Mein zweiter Traum neben der Schauspielerei war immer, Sängerin zu werden. Daher möchte ich mich jetzt wieder mehr auf den Gesang konzentrieren. In der Schule bin ich zum klassischen Fach „hingestubst“ worden. Früher mochte ich meine „klassische Stimme“ nie, habe sie jetzt aber lieben gelernt. Momentan singe ich in einem Trio (Klavier, Gitarre, Gesang) und einem Gospelchor. Außerdem habe ich gerade sehr viel Spaß dabei, mich als Moderatorin auszuprobieren. Ich habe einige Interviews für „Bibel TV“, einen digitalen Sender, geführt. Ab September werde ich dort eine halbstündige Musiksendung moderieren. Das macht mir total Spaß, weil ich mich dort richtig ausleben kann: Ich kann dort ich selbst sein – und gleichzeitig spielen. Da ich auch selbst Christin bin, stehe ich weitgehend hinter diesem Programm.
Mein Traum für die Zukunft ist es, einen Kinofilm zu machen. Ich finde, dass das deutsche Kino in den letzten Jahren unheimlich zugelegt hat. Ich bin zum Beispiel ein Riesenfan von Fatih Akin, und wenn ich mir anschaue, was der Regie-Nachwuchs in und um Hamburg macht, bin ich wirklich begeistert: Die Filme sind toll, ohne zu oberflächlich oder schmalzig zu sein. Ich selbst möchte sehr gerne einmal einen Film machen, bei dem alle, die mich bis jetzt kennen, vor allem aus meiner Schauspielschule, denken: „Wow, das hätte ich ihr nicht zugetraut.“
Es hat mich schon immer gekitzelt, den Leuten zu zeigen, welche verschiedenen Facetten ich habe. Wir haben in der Schule mal eine 20er-Jahre-Revue aufgeführt und ich habe als „Fesche Lola“ durch den Abend geführt – mit Satinhandschuhen, Chapeau Clac und goldenem Mieder. Und ich habe es damals so genossen, als „geiles Luder“ auf der Bühne zu stehen. Das ist das, was Schauspiel ausmacht, alles „spielen“ zu können. Es war einfach toll, zu spüren, wie die Leute im Publikum dachten: „Das ist doch nicht die Marzia, die wir kennen. Wer ist diese Frau?“