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Archiv-Artikel

Kein Hinweis auf Organisation

Kölner Polizei stellt Profile der beiden Männer vor, die im Juni den Nagelbombenanschlag in Mülheim verübt haben sollen: „Sie sind nicht verrückt, aber gefährlich.“ Noch aber fehlt von ihnen jede Spur

Von Pascal Beucker

„Zwei Einzeltäter“ sollen den Nagelbombenanschlag in der Keupstraße verübt haben. Davon jedenfalls gehen inzwischen die Profiler des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes (LKA) aus. Sieben Wochen nach der Tat präsentierten Polizei und Staatsanwaltschaft gestern auf dem Mülheimer Marktplatz deren Erkenntnisse – aber immer noch keinen Fahndungserfolg. Denn trotz mehr als 200 Hinweisen fehlt den Ermittlern weiterhin eine echte heiße Spur.

Die Spezialisten der LKA-Abteilung „Operative Fallanalyse“ sind überzeugt, dass es sich bei den Tätern um jene zwei Männer handelt, die eine Überwachungskamera des TV-Musiksenders Viva in der Nähe des Tatortes aufgenommen hatte. „Mittlerweile sind wir sicher, dass beide zusammengehören und auch zusammen agiert haben“, sagte Markus Weber von der „Mordkommission Sprengstoff“.

Das Motiv des Täterduos liegt trotz Profiling für die Ermittler weiterhin völlig im Dunkeln. Zwar wollte Oberstaatsanwalt Rainer Wolf einen ausländerfeindlichen Hintergrund nicht ausschließen. Von einem terroristischen Hintergrund sei jedoch ebenso wenig auszugehen wie von einer Tat im Umfeld der organisierten Kriminalität. Hinter den Gesuchten, bei denen es sich wahrscheinlich um zwischen 25 und 35 Jahre alte Deutsche handele, stünde „sicherlich keine Organisation“, betonte auch Weber. Der wenig professionelle Aufbau des Sprengsatzes und der Zündvorrichtung deute vielmehr darauf hin, dass der Anschlag „seinen Ausgang in Köln-Mülheim oder der näheren Umgebung genommen hat“. Möglicherweise wohne mindestens einer der offenkundig miteinander befreundeten oder verwandten Täter in dem Stadtteil. Es sei davon auszugehen, dass sie in ihrem Alltag nicht besonders auffällig und auch keine „irren oder verrückten Täter“ seien.

Definitiv nichts mit der Tat zu tun haben laut Fahnder die drei Männer, die Anfang Juli vorübergehend festgenommen worden waren. Sie werden inzwischen nicht mehr verdächtigt. „Dieses Thema ist erledigt“, sagte Markus Weber.

Eindringlich rief der ermittelnde Oberstaatsanwalt Rainer Wolf die Bevölkerung zur verstärkten Mitarbeit auf. Die Gefährlichkeit der Täter dürfe nicht unterschätzt werden. Sie „hatten vor, Menschen zu töten“ und seien „auch weiterhin eine ganz große Gefahr“. Wolf warnte: „Es kann demnächst wieder eine solche Bombe geben.“ In einem neuen Fahndungsaufruf in Köln-Mülheim wurden am Freitag mehrere hundert deutsch- und türkischsprachige Flugblätter mit Bildern der beiden Verdächtigen verteilt.

Bei der Detonation des mit Schwarzpulver gefüllten und mit Nägeln gespickten Sprengsatzes waren am 9. Juni 22 Menschen zum Teil schwer verletzt worden.