nebensachen aus Wien : Schwieriges Gedenken an den österreichischen Oberstleutnant Robert Bernardis
Mit Nebensächlichkeiten wie der Würdigung der Verschwörer vom 20. Juli haben sich in Österreich lange Zeit weder Politik noch Armee befasst. Anlässlich des 60. Jahrestages kam die Frage auf, warum der österreichische Oberstleutnant Robert Bernardis, einer der engsten Mitarbeiter Stauffenbergs, nicht endlich geehrt würde. Er war am 8. August 1944 für seine Beteiligung am Sprengstoffattentat gegen Hitler hingerichtet worden. Die Rossauer Kaserne in Wien, der Sitz des Verteidigungsministeriums, solle in Robert-Bernardis-Kaserne umbenannt werden, forderte die Opposition, doch Verteidigungsminister Günther Platter (ÖVP) wies dies entschieden zurück. Eine Ende der Neunzigerjahre geschaffene Militärhistorische Denkmalkommission habe sich dagegen ausgesprochen. Kommissionsvorsitzender Dieter Binder erklärte die Ablehnung damit, dass der Name der Kasernen mit einer gewissen „corporate identity“ verbunden sei.
Ein erster Versuch, den Verschwörer zumindest im kollektiven Gedächtnis zu verankern, scheiterte bald nach der Gründung des Bundesheeres. Schon 1958 weigerte sich der erste Generaltruppeninspektor Erwin Fussenegger, den Namen Bernardis zu verewigen. 20 Jahre später unternahmen oberösterreichische Offiziere den vergeblichen Vorstoß, eine Kaserne nach ihm zu benennen. Dann war es 1996 das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes, das auf Bernardis’ Ehrung drängte. Der damalige Verteidigungsminister Werner Fasslabend (ÖVP) zog sich durch die Gründung der Militärhistorischen Denkmalkommission aus der Affäre. Und dieses Gremium nahm sich viel Zeit. Als der Abgeordnete Vinzenz Liechtenstein nach Monaten bei Fasslabend anfragte, wann mit einer Empfehlung zu rechnen sei, lautete die schroffe Antwort, dass die Kommission nur gelegentlich tage.
Im Jahr 2000 ging das Verteidigungsressort an den Freiheitlichen Herbert Scheibner. Er besetzte die Schlüsselposten seines Ministeriums mit Vertrauensleuten, darunter Mitglieder der „Tafelrunde Wiking“, die die Zugehörigkeit zur „deutschen Kulturgemeinschaft“ pflegen. Das Geschichtsbild der FPÖ, deren Vorgängerorganisation VDU als Sammelbecken ehemaliger Nazis gegründet wurde, hat sich in den letzten Jahren wenig geändert. Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider lobte bekanntlich alte SS-Offiziere für ihre Prinzipientreue. Deserteure und Widerstandskämpfer werden als Befehlsverweigerer betrachtet.
Vor dem 60. Jahrestag des Attentats wurde auch Verteidigungsminister Platter klar, dass er sich nicht länger mit einer unverbindlichen Empfehlung einer Kommission herausreden konnte. Nun sei an eine Gedenkplakette in der Kaserne von Enns in Oberösterreich gedacht. Darauf schritten die Grünen letzte Woche zur Tat. Die Abgeordneten Peter Pilz und Terezija Stoisits tauften die Rossauer Kaserne im Alleingang um, indem sie eine Gedenkplakette montierten. Der Verteidigungsminister weiß, dass er vor einem großen Fettnäpfchen steht. Bisher ließ er weder die Plakette entfernen noch Anzeige wegen Sachbeschädigung erstatten. RALF LEONHARD