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Archiv-Artikel

Hoffnung oder Spott?

betr.: „Der produktive Dualismus“ (Die SPD-Spitze will den „demokratischen Sozialismus“ aus dem Programm entfernen) von Christian Semler, taz vom 22. 8. 03

Der Autor fragt, ob die neuerliche Staatsorientierung von Labours Anthony Giddens vielleicht „Kursberichtigung“ sei. Ist das Hoffnung oder Spott oder …? Denn linke Nachdenklichkeit nach 1998 müsste fragen, ob es tatsächlich Linke waren, die nach 68 durch die deutschländischen Institutionen marschiert sind.

Sidney Webb, Urvater von Labour, kam als Beamter aus dem Londoner Kolonialministerium, heiratete dann die Tochter eines der reichsten Kapitalisten des Empire und trug zuletzt den Adelsnamen Sir Passfield (immerhin sinnig!). Der sachliche Befund ergibt: Marschierer müssen nicht unbedingt links unten anfangen. Wenn der Marsch heute auch regelmäßig da endet, wo Lord Passfield als Sidney Webb einst frisch begonnen hatte – in einem Ministerium – ist die begriffliche Begleitmusik der Rechts-oben-Linken in London, Berlin und anderswo weiterhin höchst amüsant. Diese Uralt-Kakophonie als „produktiven Dualismus“ zu etikettieren, zeugt von einem stupenden satirischen Talent. Das war wundervoll (oder wonderful). WERNER BRAEUNER, Meppen