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Archiv-Artikel

Schily gegen Fischer

Der Innenminister attackiert den Außenminister, weil der die Idee von Asyllagern in Afrika kritisiert hat

BERLIN ap/afp ■ Otto Schily attackiert die Grünen. Der Bundesinnenminister hat den Koalitionspartner am Wochenende wegen der Kritik an den von ihm geforderten Asyllagern in Nordafrika scharf angegriffen. Schily schimpfte auch über Bundesaußenminister Joschka Fischer.

„Leider hat sich eine Debatte entwickelt, in der sich einige meiner Grünen-Freunde gewaltig aufplustern“, sagte Schily, der früher selbst den Grünen angehört hatte, der Welt am Sonntag (WamS). Nicht jeder erwerbe einen Anspruch, nach Europa zu kommen, wenn er sich in seeuntüchtigen Booten aufs Mittelmeer wage. „Die Vorstellung, wir könnten die Probleme von Krisenregionen in Afrika lösen, indem wir die Menschen nach Europa holen, ist falsch“, sagte der Minister. Zu Fischer, der Schily vorgeworfen hatte, die Lager-Idee nicht zu Ende gedacht zu haben, sagte der SPD-Politiker: „Das muss ich an die Adresse des Kollegen Fischer zurückgeben: Mir scheint, er hat nicht zu Ende gedacht.“ Niemand rege sich darüber auf, dass es auf der italienischen Insel Lampedusa ein Aufnahmelager gebe, sagte Schily: „Warum soll dann ein Lager, wenn es beispielsweise in Tunesien wäre, so kritikwürdig sein?“ Von Fischer hätte er erwartet, dass er sich zunächst einmal mit ihm in Verbindung setze, bevor er sich öffentlich äußert. Der SPD-Politiker verteidigte noch einmal seinen Vorstoß: Wer keinen Grund habe, sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention zu berufen, müsse in sein Herkunftsland zurückkehren. Sonst gäbe es einen Anreiz für illegale Migration. „Wir können aber auch nicht alle Flüchtlinge, die sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention berufen, nach Europa bringen.“ Deshalb müsse man sich der Frage stellen, ob die Flüchtlinge nicht besser in der Nähe ihres Heimatlands untergebracht werden sollten, sagte Schily. Dort könne dann eine Außenstelle der EU die behaupteten Fluchtgründe prüfen. Dies könne auch die Vorform einer europäischen Asylbehörde sein.

Auch bei der FDP war Schilys Vorschlag auf Ablehnung gestoßen. Beifall erhielt er dagegen von der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel und dem bayerischen Innenminister Günter Beckstein. Die Idee stammt ursprünglich von dem britischen Premierminister Tony Blair, war in der EU jedoch nicht auf Zustimmung gestoßen. So nannte die CDU-Europaabgeordnete und innenpolitische Sprecherin der konservativen Europäischen Volkspartei, Eva Klamt, Schilys Vorschlag für Lager in Afrika „unausgegoren“.

Als Erfolg wertete Schily den deutlichen Rückgang von Asylbewerbern in Deutschland. „1998 hatten wir noch 98.600 Asylbewerber, davon bekamen 5.800 Asyl. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 50.500 Bewerber, von denen 1.530 anerkannt wurden“, sagte er der WamS. In diesem Jahr sei die Tendenz weiter fallend. Dennoch habe Deutschland bei der Aufnahme von Flüchtlingen sehr viel geleistet. „Wir haben in den 90er-Jahren allein vom Balkan rund 350.000 Bürgerkriegsflüchtlinge aufgenommen.“ Deshalb bezeichnete Schily Vorwürfe, Deutschland ziehe sich aus der Verantwortung zurück, als „nicht berechtigt“.