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Archiv-Artikel

berliner szenen Krämpfe auf dem Rad

Salzbrezeln ohne Salz

Es fing damit an, sagte er, dass er sich nicht erinnern konnte, ob die Party am Treptower oder am Pankower Park sein sollte. Ich glaube, es gibt gar keinen Pankower Park, unterbrach ich ihn, es gibt zwar Parks in Pankow, aber sie heißen anders. Das sei ihm inzwischen auch bekannt, aber er sei trotzdem mit dem Fahrrad nach Pankow gefahren, und da habe es aber kein Haus Nummer 17 gegeben, also sei er zurückgefahren und dann kamen die Magenkrämpfe – jede Bordsteinkante ein Schlag in die Magengrube. Und als er an der Staatsoper vorbeigekommen sei …

Moment, sagte ich, wenn man von Pankow nach Treptow fährt, kommt man doch nicht an der Staatsoper vorbei. Doch, doch. Das käme nur darauf an, wie man die ganze Sache anlegt. Er würde ja nur große Straßen fahren, alles andere sei doch Humbug. Und dann dachte er, das Einzige, was ihm jetzt noch helfen könnte, sei eine Salzbrezel – und musste kurz darauf feststellen, dass auf den Brezeln, die vor der Staatsoper zum Verzehr in der Staatsoper verkauft werden, gar kein Salz drauf ist. Und zwar per hausmeisterlicher Weisung. Das Salz beschädige den Marmor.

Er kaufte trotzdem eine, hängte sie an den Lenker und wich einer Autotür aus, die sich plötzlich in seine Fahrspur hinein öffnete. Die Magenkrämpfe, erzählte er, hätten erst aufgehört, nachdem er an einer Ampel auf der Frankfurter Allee von einem Rechtsabbieger angefahren worden sei, der ihn dann nach Hause zurückgebracht hätte, das Fahrrad auf den Dachgepäckständer geschnallt, was aber nicht so schlimm gewesen sei, da er am nächsten Morgen erfahren hätte, dass alle Besucher der Party abgestürzt seien. Verstehst du, abgestürzt. Haha. Das ist die ganze Pointe?, fragte ich und er sagte: Ja. MONIKA RINCK