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Archiv-Artikel

american pie Drei Barsche zum Lebensglück

Als Fünfzehnjähriger träumte der Japaner Takahiro Omori von einer Karriere als Profiangler, jetzt gewann er beim Bassmaster Classic den Weltmeistertitel

Als Takahiro Omori 15 Jahre alt war, hatte er einen Traum: Er wollte Angelprofi werden. Das Dumme war nur, dass er in Tokio lebte. Nun sind die Japaner zwar eine angelverrückte Nation, aber längst nicht so verrückt wie die Leute in den USA. Nur dort gab es die großen Meisterschaften im Barschfischen, von denen Omori in den Fachzeitschriften las. Nur dort konnte man von diesem Sport seinen Lebensunterhalt bestreiten, wenn man gut genug war. Zum Entsetzen seiner Eltern ging der starrköpfige Junge daran, seinen Traum konsequent zu verwirklichen. Das ist 18 Jahre her, und inzwischen halten die Omoris ihren Sprössling nicht mehr für ganz so durchgeknallt – vor allem, seit der mittlerweile 33-Jährige am Wochenende auf dem Lake Wylie in South Carolina das Bassmaster Classic gewann. Dafür bekam er nicht nur eine gigantische Trophäe mit der Aufschrift „World Champion 2004“, sondern auch 200.000 Dollar. 13.200 Zuschauer im Coliseum von Charlotte, wo das Wiegen der Beute und die Siegerehrung stattfand, bejubelten den ersten Nichtamerikaner, der den Titel gewann. „Dies ist der beste Tag meines Lebens“, rief Omori, der mehrfach in Tränen ausbrach. „Das war mein Lebensziel, ich habe 18 Jahre gewartet, bis mein Traum wahr geworden ist.“

Ein gemachter Mann war der Japaner schon vorher – was nicht unbedingt zu erwarten war, als er 1991 nach Texas kam. 2.000 Dollar hatte er sich damals in Tokio durch Tellerwaschen (!) in einem Restaurant und als Angelführer zusammengespart, englisch sprach er kaum, in den USA kannte er niemanden. Mit einem alten Chevrolet, in dem er auch übernachtete, fuhr er von einem lokalen Angelturnier zum anderen. „Immer wenn ich los wollte, leckte der Öltank, leckte der Wassertank, war ein Reifen platt oder der Keilriemen kaputt“, erinnert er sich heute. Nachdem Omori zunächst noch zwischen Japan und den USA gependelt war, erhielt er 1997 eine Green Card und verlegte seinen Wohnsitz endgültig nach Emory in Texas. Von da an ging es stetig aufwärts.

Heute ist der stets freundliche Takahiro Omori einer der beliebtesten Vertreter seiner Zunft. Seine Videos und DVDs finden reißenden Absatz in der großen Fangemeinde des Angelsports, er hat zahlreiche Sponsoren, die ihm zum Beispiel ein 45.000-Dollar-Boot und einen geräumigen Ford Diesel stellen, mit dem er durch das Land zieht. Die Preisgelder sind stattlich, viel Zeit, sie auszugeben, hat Omori allerdings nicht. „Die meisten Leute wissen nicht, wie hart man für diese Turniere arbeiten muss“, sagt er, „du trainierst zwölf Stunden am Tag, dann bereitest du drei Stunden deine Ausrüstung für den nächsten Tag vor.“

Den Erfolg beim renommierten Bassmaster Classic auf dem Lake Wylie sicherte er sich erst in der letzten Stunde der dreitägigen Veranstaltung, als seine Taktik, den Köder zu wechseln und bei ins Wasser gekippten Baumstämmen zu fischen, aufging und er noch drei prächtige Barsche fing. Erst fünf Minuten vor der Deadline kam Omori mit seinem Boot ans Ufer. Den Grundstein für den Sieg hatte er allerdings am ersten Tag gelegt. Mit etwas mehr als 16 Pfund gelang ihm da der schwerste Tagesfang beim Classic, der ihm auch die begehrte Qualifikation für den „Shootout“ im September einbrachte – ein Einladungsturnier, bei dem die Teilnehmer nicht wissen, auf welchem Gewässer es stattfindet, bis sie von einem Flugzeug dort abgesetzt werden.

Während Omori am Ende das Glück lachte, hatte Vorjahressieger Michael Iaconelli mit allerlei Widrigkeiten zu kämpfen. Erst wurde die Beute seines zweiten Tages nicht gewertet, weil er mit seinem Boot die zulässige Zone verlassen hatte, dann wurde er am dritten Tag von Wespen angegriffen und achtmal gestochen. Iaconelli wurde 19., nachdem er den See lieber vorzeitig verlassen hatte. Opfer einer etwas anders gearteten Attacke war der Lokalmatador Jason Quinn, am Ende Sechster. Ein erboster Seeanwohner, der behauptete, die Angler seien in seine Bucht eingedrungen, umkreiste ihn solange mit dem Motorboot, bis auch der dickfelligste Barsch das Weite gesucht hatte. „Ich habe nicht die Bisse bekommen, die ich hätte kriegen können“, sagte Wylie, „aber, hey, das ist Fischen.“

Die Bisse hatte diesmal Takahiro Omori, dem drei binnen einer Stunde gefangene Barsche einen 18-jährigen Lebenstraum erfüllten. MATTI LIESKE