Günstiges Heizen auf Kosten der Ärmeren

Stromkonzerne verbilligen Energie für Wärmepumpen. Und die boomen. Dabei taugen sie längst nicht überall

FREIBURG taz ■ Die elektrische Wärmepumpe zur Raumheizung boomt in Deutschland. Wie der Bundesverband Wärmepumpe bilanziert, wurden im Jahr 2008 rund 62.500 dieser Geräte verkauft – ein Drittel mehr als 2007. Insgesamt sind hierzulande bereits 350.000 Wärmepumpen installiert.

Sie funktionieren ähnlich wie ein Kühlschrank: Unter Einsatz von Strom kühlen sie auf der einen Seite und heizen auf der anderen. Eine Wärmepumpe im Haus kühlt die Außenluft oder den Erdboden und erwärmt zugleich die Raumluft. Verglichen mit einer gewöhnlichen Stromheizung ist das die effizientere Technik.

Je kälter jedoch das abzukühlende Medium ist, umso geringer ist die Wärmeausbeute pro eingesetzter Kilowattstunde Strom. Da die Außenluft im Winter in der Regel kälter ist als der Erdboden ist die Luftwärmepumpe vor allem bei Niedrigtemperaturen die ineffizienteste aller Varianten. Trotzdem wird in Deutschland gerade diese Technik immer häufiger installiert, weil sie keine teuren Erdbohrungen benötigt: Die Verkaufszahlen legten im Jahr 2008 überdurchschnittlich um fast 58 Prozent zu. Rund 45 Prozent aller neu installierten Geräte sind inzwischen Luftwärmepumpen.

Auch der Absatz von Wärmepumpen zur Brauchwassererwärmung nahm rasant zu: Er verdoppelte sich 2008 sogar auf fast 16.000 Geräte. Da Brauchwasser jedoch üblicherweise auf eine höhere Temperatur aufgeheizt wird als das Wasser für den Heizkreislauf, liegt der Stromverbrauch bei diesem Einsatz besonders hoch.

Die Verbraucherzentrale Saarland reagiert auf die aktuellen Branchenzahlen mit heftiger Kritik an der Wärmepumpentechnik. Die Berater aus Saarbrücken rechnen vor, dass ein fortgesetzter Ausbau der Wärmepumpen in diesem Tempo jährlich 300 Megawatt Zusatzkapazität erfordere. Das entspricht alle drei Jahre einem Großkraftwerk. So werde „durch den weiteren Zubau von Wärmepumpen eine Abkehr von der Verstromung fossiler Energieträger nahezu unmöglich gemacht“.

Da die Nutzung von elektrischer Energie zur Wärmegewinnung den Stromverbrauch vor allem im Winter ansteigen lasse, entstehe vor allem „Bedarf an Spitzenlaststrom, was zu entsprechenden Preissteigerungen bei den Tarifen führen wird“, erklären die Verbraucherschützer. Spitzenlaststrom ist besonders teuer. Sie kritisieren auch, dass „die in Wärmepumpen und den Zubau von Kraftwerken investierten Mittel nicht mehr für echte Energiespar- oder Energieeffizienzmaßnahmen zur Verfügung“ stehen.

Und schließlich moniert die Verbraucherzentrale auch, dass Wärmepumpen „zulasten der einkommensschwachen Bevölkerungsschichten“ gingen. Weil Wärmepumpen „doppelt bis viermal so viel kosten wie herkömmliche Heizungstechnik“, könnten sich „nur wohlhabende Leute deren Einbau leisten“. Zugleich aber gewährten viele Stromversorger den Wärmepumpen einen ermäßigten Stromtarif, den sie durch Quersubvention über verbilligte Netzgebühren finanzieren. Somit sei zu befürchten, dass diejenigen, die sich die Wärmepumpentechnologie nicht leisten können, indirekt über ihre Stromrechnung die Subvention für die wohlhabenden Wärmepumpenbetreiber mit finanzieren.

Die Verbraucherzentrale fordert nun vom Gesetzgeber eine „dringende Revision der Förderrichtlinien“. Ökologisch und ökonomisch sei es viel sinnvoller, die in den Dampfkraftwerken anfallende Abwärme zu nutzen. Außerdem sei von der Politik „dringend der Einsatz von dezentraleren Kraftwerkseinheiten voranzutreiben“, um ein Nahwärmenetz aufzubauen.

BERNWARD JANZING