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Archiv-Artikel

Briten foltern mit Rap

Freigelassene britische Guantánamo-Häftlinge bezeugen Misshandlungen: Isolationshaft mit Eminem

DUBLIN taz ■ Der britische Geheimdienst MI5 sowie die Spezialeinheit SAS (Special Air Service) waren an der systematischen Folter an Gefangenen im US-Lager Guantánamo beteiligt. Das behaupten drei ehemalige britische Insassen des Lagers, die 2001 in Afghanistan festgenommen und mit zwei weiteren Gefangenen im vergangenen März ohne Anklage freigelassen wurden. Am Mittwoch veröffentlichten sie in den USA ein 115-seitiges Dossier darüber. Schafik Rasul, Asif Ikbal and Ruhal Ahmed, die aus der mittelenglischen Kleinstadt Tipton stammen, erheben darin schwere Anschuldigungen.

Sie seien geschlagen und getreten worden, man habe ihnen Drogen injiziert und Tüten über den Kopf gezogen, sie nackt fotografiert und sexuell misshandelt sowie durch Schlafentzug gefoltert, heißt es in ihrem Dossier. Als Generalmajor Geoffrey Miller, der seit April die Gefängnisse im Irak leitet, nach Guantánamo versetzt wurde, führte er neue Foltertechniken ein. Er ließ Gefangene monatelang in Isolationszellen einsperren. Ikbal sagt: „Ich wurde in ein Zimmer gesperrt, dann schalteten sie eine Stroboskoplampe und sehr laute Musik ein. Es war eine Dance-Nummer von Eminem.“

Die Aussagen der „Tipton Three“, wie sie von den britischen Medien getauft wurden, stimmen mit den Schilderungen von zwei französischen, einem schwedischen und einem spanischen Exgefangenen überein, die vorige Woche ähnliche Szenen schilderten. Darüber hinaus wurde Ahmed während des Verhörs durch einen SAS-Offizier von einem US-Soldaten eine Waffe an den Kopf gedrückt.

Die Gefangenen wurden wiederholt auch von Mitarbeitern des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5 vernommen. Premierminister Tony Blair sagte im Juni vergangenen Jahres: „Wir erhalten immer noch neue Informationen von den Leuten, die dort festgehalten werden. Diese Informationen sind sehr wichtig.“ Was die Folterer besonders interessierte, war der Aufenthaltsort von Rasuls Freund Abu Katada. Sie wussten offenbar nicht, dass er in einem britischen Gefängnis sitzt.

Die „Tipton Three“ unterschrieben schließlich Geständnisse: Sie gaben zu, auf einem Video aus dem Jahr 2000 neben Ussama Bin Laden und dem Attentäter vom World Trade Center, Mohammed Atta, zu sehen zu sein. In Wirklichkeit hatten alle drei für die Zeit, als das Video aufgenommen wurde, einwandfreie Alibis. Einer arbeitete in England in einem Elektrogeschäft, die anderen beiden saßen in britischen Gefängnissen.

Vier Briten werden noch in Guantánamo festgehalten. Bei zwei weiteren weigert sich die britische Regierung, sie zu vertreten. Einer dieser beiden habe 40 Kilo abgenommen und sei auch „mental am Ende“, heißt es im Dossier der „Tipton Three“.

RALF SOTSCHECK