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IHK fordert den rot-roten Senat auf, die geplante Stilllegung des Flughafens Tempelhof zu überdenken

Das Anhörungsverfahren zur Stilllegung des Flughafens Tempelhof hat noch gar nicht richtig begonnen – schon machen die Unterstützer des Innenstadt-Airports mobil. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) erklärte gestern, der Senat könne es sich nicht leisten, Investoren zu verprellen. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) hatte das Angebot der Fluggesellschaft Deutsche BA abgelehnt, den Flughafen Tempelhof zu betreiben. CDU-Verkehrsexperte Alexander Kaczmarek forderte, das Angebot anzunehmen.

Es gebe viele gute Gründe, das Angebot der DBA gründlich zu prüfen und ernsthafte Gespräche zu führen, so die IHK. Das Unternehmen biete an, den Flughafen ohne staatliche Zuschüsse zu betreiben. Die Unwirtschaftlichkeit Tempelhofs resultiere nicht aus den Kosten des täglichen Betriebs, sondern daraus, dass die Eigentümer die Miete der gesamten Anlage in Rechnung stellten, obwohl nur ein Teil genutzt werde.

Die Flughafengesellschaft bestreitet das. Die Verluste entstünden zu 60 Prozent aus dem Betrieb, nur zu 40 Prozent aus der Immobilie. Jährlich fliegt Tempelhof, dessen Passagierzahlen stetig sanken, rund 13 Millionen Euro Verlust ein. „Der Markt hat sich gegen Tempelhof entschieden“, so ein Flughafenexperte. Den Verweis der Tempelhof-Fans, Berlin brauche wie London einen Innenstadt-Airport, weist er zurück. „London fertigt pro Jahr rund 120 Millionen Passagiere ab, Berlin rund 13 Millionen. Das ist der Unterschied.“

Für die Flughafengesellschaft hat die Stillegung Tempelhofs, die Ende Oktober 2004 mit der Entlassung aus der Betriebspflicht eingeleitet werden soll, eine strategische Bedeutung. Sie will nicht nur die Verluste Tempelhofs aus den Bilanzen kriegen, um so Spielräume zur Finanzierung des künftigen Single Airports Berlin Brandenburg International (BBI) in Schönefeld zu erlangen – schließlich erwirtschaftet der Flughafen Tegel satte Gewinne. Sie will vor allem Schönefeld schon lange vor der BBI-Eröffnung, die für 2010 anvisiert ist, am Markt etablieren.

Die Idee: Flugzeuge, die in Tegel nicht mehr starten und landen können, weil dieser Airport überlastet ist, nach Schönefeld umleiten. Die Fluggesellschaften sollen mit differenzierten Angeboten gelockt werden; die Berliner dürften von selbst kommen, wenn mehr günstige Flüge in Schönefeld starten. Schon wird gescherzt: „Auch Westberliner werden lernen, dass Schönefeld nicht in Sibirien liegt.“

RICHARD ROTHER