Taktische Spielchen und ein Käufer

Bei der zweiten Anhörung, ob „Tagesspiegel“-Verleger Holtzbrinck die „Berliner Zeitung“ kaufen dürfen soll,legte der Hamburger Verleger Heinz Bauer nach – und präsentierte sich als weißer Ritter von eher trauriger Gestalt

aus Berlin STEFFEN GRIMBERG

Heinz Bauer ist ein zurückhaltender Mensch. Auftritte in der Öffentlichkeit liegen ihm nicht. Bei der Gala zur „Goldenen Feder“, dem Medienpreis seiner Verlagsgruppe, übernimmt Frau Gudrun den Hauptpart. Da war es durchaus stimmig, dass er sich gestern nicht wie all die anderen Konzernherren und ihre Anwälte zum Rednerpult vorkämpfte, sondern bescheiden aus der fünften Reihe des Hörsaals im Wirtschaftsministerium sprach.

Heinz Bauer fasste sich kurz, obwohl ihm der Ablaufplan der zweiten Anhörung zum „Ministererlaubnisverfahren Holtzbrinck/Berliner Verlag“ volle 45 Minuten Redezeit zumaß. Schließlich geht es um die Frage, ob der Holtzbrinck-Konzern, der in Berlin bereits den Tagesspiegel besitzt, trotz Kartellamtsverbots mit einer solchen Sondergenehmigung durch den Wirtschaftsminister doch noch die Berliner Zeitung übernehmen darf. Dem Hamburger Bauer Verlag, Marktführer im Segment der Programm- und Publikumszeitschriften, kommt hier eine Schlüsselrolle zu: Denn während Holtzbrinck argumentiert, der defizitäre Tagesspiegel sei trotz des von Wolfgang Clement (SPD) veranlassten Verkaufsverfahrens unverkäuflich und müsse daher ohne Ministererlaubnis dichtmachen, will einer kaufen: Heinz Bauer.

Zwanzig Millionen Euro will er für das Blatt bieten, es mindestens sieben Jahre lang im umkämpften Berliner Pressemarkt erhalten und widrigenfalls 10 Millionen Euro Vertragsstrafe zahlen. Diese Eckdaten waren schon vorher bekannt und von der Holtzbrinck-Seite allgemein als „unseriös“ geziehen worden: Kurz vor Ende des Verfahrens sei dieses „völlig unplausible“ Angebot wie „eine Bombe“ gezündet worden. Und das auch noch im Interesse Dritter, insinuierte Holtzbrinck-Anwalt Rainer Bechtold und meinte die Axel Springer AG, die bei einer Fusion der Verlage von Tagesspiegel und Berliner Zeitung um ihre Blätter Welt und Morgenpost fürchtet. Das Ganze also ein Ablenkungsmanöver?

Bauer ließ sich nicht provozieren, blieb aber farblos und unkonkret: Der Tagesspiegel habe das Potenzial „als führende Zeitung der Hauptstadt“, und dies „macht es sinnvoll, die zunächst anfallenden Verluste in Kauf zu nehmen“, so Bauer. Er sei jedenfalls überzeugt, dass das Blatt, „salopp gesagt, langsam ins Geld wachsen wird“. Auch die von Holtzbrinck für den Tagesspiegel vorgesehene Stiftung könne er sich vorstellen zu übernehmen, samt 20 Jahre währender Garantie für die Unabhängigkeit des Blattes. Letzteres hört sich prima an, macht aber keinen Sinn. Denn die Stiftung soll die Eigenständigkeit des Tagesspiegels im Verlagsverbund mit der Berliner Zeitung sichern. Dieses Problem wäre bei einem Deal mit Bauer schlicht passé.

Dass er hier im Interesse Dritter stehe, wollte Bauer auf Nachfrage Clements dann doch nicht auf sich sitzen lassen: „Wieso sollte ich für andere ein derartiges Risiko eingehen?“, fragte er indigniert zurück – und erhöhte später sogar die Bestandsgarantie für den Tagesspiegel auf mindestens 10 Jahre. Da hatte der wieder einmal indirekt angesprochene Springer-Konzern längst Schützenhilfe geleistet: Das eigentliche Problem sei doch, dass Holtzbrinck weder ernsthaft verkaufen noch den Tagesspiegel wirklich einstellen wolle. Das Ganze sei eben Budenzauber, um doch noch an die Ministerlaubnis zu kommen, führten gleich zwei Anwälte wortreich aus.

Clement wurde das schließlich zu bunt: Er bat um Beendigung der taktischen Spielchen. Und Holtzbrinck um die Beantwortung einer konkreten Frage: Sei man bereit, für 20 Millionen zu verkaufen? Statt einer Antwort gab es 15 Minuten Auszeit. Und danach nur nochmals die lapidare Ansage, man wolle sich „jetzt nicht dazu äußern“. Für Clement ist die „Beweisaufnahme“ abgeschlossen. Er wird sich äußern. Bis Ende des Monats.