piwik no script img

Archiv-Artikel

Oh je, die CIA als Faktenquelle

betr.: „Wallraff: Vorwürfe lachhaft“, „Auf dem Feld der Wahrscheinlichkeit“, Kommentar von Christian Semler, „Günter Wallraff unter Stasi-Verdacht“, Brennpunkt, taz vom 5. 9. 03

Wenn der W. damals nach staubiger Aktenarbeit in den DDR-Archiven mal mit einem Archivmitarbeiter in einer HO-Gaststätte ein Bier trinken geht und einen aus seinem Leben oder von seiner Arbeit erzählt, ist das dann schon Mitarbeit?

Wo sind die Nachweise für willige Mitarbeit? Was hat Wallraff verraten, was man nicht in der Zeitung lesen konnte? Was wusste Wallraff über den Bayerkonzern, chemische und biologische Waffen, Schulungsmaterial der Bundeswehr, das nicht frei zugänglich war? Was da von der Birthler-Behörde zur Zeit abgesondert wird, empfinde ich als Rufmordkampagne. Auch die Äußerung des Herrn Knabe, „es ist ‚nahezu‘ ausgeschlossen“, dass Wallraff als Karteileiche mitgeschleppt wurde, ist eine Beschuldigung mit Hintertürchen, aber recht wirksam. Die Institution Wallraff ist mir egal! Aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass da endlich mal einer für sein kritisches Lebenswerk abgestraft werden soll. WOLFGANG MÜLLER, Köln

Die rot getünchten DDR-Genossen hatten gerade bei den heimatlosen freischwebenden parteilosen Linken leichtes Spiel. Den DKP-Gazetten allerdings hatten sie Wallraff wohl eine Blankovollmacht für seine Unterschrift zu diversen Resolutionen abgetrotzt, jedenfalls stand sein Name fast immer darunter. Mal sehen, irgendwann werden vielleicht auch mal in Peking die Archive geöffnet, auch das wird spannend. PAUL PAULSEN, Groß-Umstadt

Da gibt es also eine Zuordnungsliste, Agentenfilm-Assoziationen weckend schon allein durch den Namen „Rosenholz-Datei“. Die Liste kommt aus Händen der CIA. Wer sich dieser exquisiten Firma als Faktenquelle zur Legitimation des Angriffs auf den Irak erinnert, weiß, dem Material kann man vorbehaltlos vertrauen – wenn man will. Anhand dieser Datei wird Günter Wallraff zweifelsfrei dem „IM Wagner“ zugeordnet. Wie soll er beweisen, dass die Zuordnung falsch ist? Vielleicht einen CIA-Agenten beauftragen?

Sollte er doch etwas mit der Stasi zu tun gehabt haben, so muss er das aufdecken und seine Beweggründe schildern. Der Gedanke an einen Fall Wallraff als Enthüllungsjournalist in Analogie zum Fall Baumann als Sportsaubermann wäre unglaublich desillusionierend. HANS-JÜRGEN SITTEK, Rheinberg

Wallraff IM? Na und? „Heuchelei ist die Verbeugung des Lasters vor der Tugend“, sagen die Franzosen.

Wallraffs Arbeit in einen Zusammenhang mit seiner Präsenz in einer von der CIA behandelten Akte zu stellen – das ist keine „Bagatellisierung“. W. war bei Springer zu finden. W. hat an der Grenze nach Griechenland den Touristen gemimt. W. ist als Waffenschieber wirksam geworden. W. hat sich ganz unten dreckig gemacht.

W. hat bei der Stasi unterschrieben? Welche Reaktion wäre angemessen, fragt Herr Semler. Antwort: Ein großes Bedauern, dass wg. Wende die Story „Innenansicht der Stasi“ nicht zustande kam.

GERHARD WIDMER, Bremen