Wunderbares Tummelfeld

„Les Musiciens du Louvre“ und Anne Sofie von Otter

The winner was: the orchestra. Marc Minkowskis „Musiciens du Louvre“ spielten beim „Musikfest“-Konzert in der Liebfrauenkirche mit derartiger Lebendigkeit, dass sie die illustre Schar der Fans des französischen Barock mit Sicherheit vergrößert haben.

Weltstar-Mezzo Anne Sofie von Otter wirkte, wie man so schön sagt, nicht optimal disponiert. Gewiss: „Ihr Mund war voller Ottergift“ (wie sie selbst in der Bach-Kantate „Vergnügte Ruh’“ zu singen hatte) wäre nicht die richtige Beschreibung der vokalen Leistung. Aber es war schon bedauerlich, wie angeraut die große Stimme klang, beileibe nicht jeder Atemzug vewandelte sich in puren Klang.

Ganz anders bei den „Musiciens“: Von Minkowski leichthändig moduliert machten sie sich über Jean-Philippe Rameaus Suite „L’Apothéose de la Danse“ her, ein Stück aus dem Kernbereich ihrer musikalischen Kompetenz. Soviel Plastizität! So rasant ausgespielte Lust an Dynamik und Effekten!

Verführt ein derartiger (Geschwindigkeits-)rausch nicht dazu, die Grenze zu mechanischem Presto-Geschrubbe zu streifen? Nein. Dagegen steht dies Übermaß an fast kindlicher Spielbegeisterung, die das Orchester unverwechselbar macht – und in den unmittelbar theatral angelegten Effekten der Rameau-Suite ein wunderbares Tummelfeld findet. Im unmittelbaren Vergleich wirkten die artifiziellen Händel-Arien dann fast schon affektiert.

Schade dann: der schale Schluss. Minkowski bugsierte sich und seine Truppe in einen Populismus à la „Rondo Veneziano“, in dem er bei der Zugabe mitklatschen ließ – vielleicht hätte man auch schunkeln sollen. Wie viel lieber wäre der vorherige Zauber im Ohr geblieben!

Henning Bleyl