Abgestempelt als „Klein-Moskau“

Flüchtlingsbeauftragter von Schleswig-Holstein kritisiert die Unterbringung von AusländerInnen in Stahlcontainern: Wohnen ist „menschenunwürdig“

Kiel taz/lno ■ Flüchtlinge müssen in Schleswig-Holstein nach Einschätzung des Landesbeauftragten Helmut Frenz zum Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen leben. In seinem Tätigkeitsbericht 2001/2003 kritisiert Frenz die von einigen Gemeinden praktizierte Unterbringung in Stahlcontainern. „Wenn dann noch eine Möblierung aus alten Kasernenbeständen hinzukommt, ist das Wohnen in einer solchen Behausung menschenunwürdig“, sagte Frenz gestern.

Bei Regen stünden derartige Container im Schlamm, darunter lebten Ratten. In einigen Kommunen würden die Flüchtlinge auch in „Schlichtwohnungen“ untergebracht, die für Obdachlose geplant waren und als „Asozialen-Gettos“ verrufen seien, kritisiert der Flüchtlingsbeauftragte. Wer an solchen Orten mit verächtlich gemeinten Bezeichnungen wie „Klein-Moskau“ oder „Klein-Istanbul“ wohne, werde von vornherein abgestempelt.

Nach Angaben von Frenz gibt es sowohl anerkannte Gemeinschaftsunterkünfte als auch dezentrale Einzelunterkünfte, die äußerst isoliert und von sozialen Kontakten abgeschnitten stehen. Auch billige Einkaufsmöglichkeiten oder Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr gebe es dort nicht. So sei es nicht verwunderlich, dass die dort eingewiesenen Flüchtlinge bei Freunden und Verwandten Unterkunft suchten: In einem Fall habe in einer Gemeinschaftsunterkunft für über 30 Menschen nur noch ein Einziger gewohnt.

Frenz ist seit Februar 1999 ehrenamtlicher Flüchtlingsbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein. Er blickt auf über 25 Jahre Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit zurück. Der Pastor im Ruhestand hatte in den 70er Jahren als Bischof der evangelisch-lutherischen Kirche in Chile gearbeitet. Nach dem Militärputsch leitete er im Auftrag des UNHCR das chilenische Flüchtlingskomitee. Nach seiner Ausweisung durch Diktator Pinochet arbeitete Frenz zunächst als Generalsekretär von amnesty international, anschließend als Pastor und Flüchtlingsbeauftragter der Kirche. ELKE SPANNER