: Die Nerven liegen blank
Chef der städtischen Kita-Vereinigung verbietet MitarbeiterInnenversammlung am 2. September. Geheime Drucksache sieht Absenkung des Kita-Budgets um 70 Millionen Euro vor. Verbände fordern Gespräch mit Staatsrat Klaus Meister
von KAIJA KUTTER
Die jüngsten Nachrichten aus der Kita-Politik sind für Hamburgs ErzieherInnen nicht eben beruhigend. Der ohnehin schlecht bezahlte Berufsstand muss im nächsten Jahr mit erhöhtem Arbeitsdruck und wohlmöglich auch noch Job-Verlust rechnen. In dieser Lage hat nun Martin Schaedel, der Geschäftsführer der Städtischen Vereinigung der Kindertagesstätten, dem Betriebsrat eine für den 2. September angemeldete Betriebsversammlung untersagt. „Es gibt ohnehin eine Versammlung in jedem Quartal“, so Schadel zur taz. Die nächste sei schon länger für den 15. und 16. September geplant. „Deshalb haben wir gesagt, es gibt keinen Grund für einen zusätzlichen Termin.“
Das sieht Jens Kastner von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) anders. „Die Informationen der letzten Tage sind so konkret geworden, dass es aus Sicht des Betriebsrats unbedingt notwendig ist, die Beschäftigten zu informieren“, sagt er. So war am Dienstag nach dem Scheitern der Kita-Verhandlungen zwischen Sozialbehörde und Kita-Verbänden bekannt geworden, dass der Senat den Personalschlüssel um 21 Prozent absenken will (siehe Kasten). Nach GEW-Informationen wird der Betriebsrat jetzt beim Arbeitsgericht eine Verfügung beantragen, um die Versammlung für die rund 5.000 MitarbeiterInnen durchzusetzen. Viele andere Kitas hätten für den Tag, an dem ab 17 Uhr eine Demo geplant ist, Versammlungen angesetzt.
„Die Nerven liegen bei der Sozialbehörde wohl blank“, kommentiert die SPD-Abgeordnete Andrea Hilger den Vorgang. Hat doch Staatsrat Klaus Meister als Aufsichtsratsvorsitzender direkten Einfluss auf den städtischen Träger. Derweil versuchen die Verhandlungsführer der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände (AGFW) immer noch die gescheiterte Verhandlungsrunde zu verdauen. „Was die Stadt anbietet, ist unverschämt“, sagt AGFW-Geschäftsführer Michael Edele. „Die müssen sich bewegen, anders geht es nicht.“
Insgesamt liegen AGFW und Behörde um 45 Millionen Euro auseinander. So hatte die AGFW angeboten, die Standards um neun Prozent abzusenken und 27 Millionen Euro zu sparen. Um dann aber noch die durch die Rechtsansprüche des Kita-Kompromisses zusätzlich erwarteten 5.000 Kinder aufzunehmen, müsste der Etat dennoch von 348 auf 360 Millionen Euro steigen. Die Sozialbehörde hatte zuletzt aber nur 315 Millionen Euro geboten, was zum Verhandlungsabbruch führte.
Die AGFW fordert nun ein Gespräch mit Staatsrat Klaus Meister und Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU). Derzeit ist das Ganze ein Pokerspiel mit zu engen Grenzen. Dem Rathausfunk zufolge wäre der Senat maximal bereit, auf 330 Millionen Euro zu erhöhen. Die Kosten für den Kita-Kompromiss schätzten Experten der Finanzbehörde auf 400 Millionen Euro.