Buju Banton spielen lassen

betr.: „Reggae-Session nur für Heteros“, taz ruhr vom 17.08.04Ich stimme Ihnen dabei völlig zu, dass die Verunglimpfung Homosexueller in Texten von Reggae- und Dancehallsongs nicht akzeptabel ist. Trotzdem meine ich, dass dieser Sachverhalt innerhalb seines Zusammenhangs zu werten ist. Wie Sie in Ihrem Beitrag andeuten, ist das sehr schlechte Ansehen Schwuler und Lesben in der jamaikanischen Gesellschaft tief verwurzelt. Die Homosexuellenfeindlichkeit existiert also nicht, weil im Reggae darüber gesungen wird, sondern es wird darüber gesungen, weil sie leider fester Bestandteil der jamaikanischen Gesellschaft ist. Das genannte Lied von Buju Banton befindet sich in Gesellschaft vermutlich hunderter weiterer Songs mit gleicher Thematik. Viele andere Künstler haben sich bereits damit befasst. Zudem gibt es unzählige weitere Aspekte innerhalb des Reggae, die mit unseren westlichen Wertvorstellungen nicht vereinbar sind, wie z. B. die Verherrlichung von Waffen, die Verehrung des Marihuana, die Hasstiraden gegen die Staatsgewalt, Einstellung zu ehelicher Treue etc., in deren Kontext es mit Sicherheit zu Gewalttaten gekommen ist, die sich in ähnlichen Größenordnungen bewegen wie die Angaben der von Ihnen zitierten, ungenannten Menschenrechtsorganisationen in Hinblick auf jamaikanische Homosexuelle. Sie werden mir sicherlich zustimmen, dass die durch Reggae verbreiteten anthroposophischen und sozialkritischen Inhalte innerhalb dieser Musikrichtung jedoch bei weitem überwiegen, wodurch Reggae auch bei uns eine große Anzahl von Liebhabern gefunden hat. Auch in der Wertung des Zitats aus besagtem Song kann ich Ihre Meinung nicht teilen. Sie werden wissen, dass das jamaikanische Patois teilweise eine sehr harsche, krude Sprachvariante des Englischen ist. Aus der zitierten Textzeile eine konkrete Aufforderung zur Tötung Homosexueller abzuleiten, erscheint mir daher sehr umstritten. Die schwere Verständlichkeit dieses Sprachcocktails ist aus meiner Sicht dabei immer zu berücksichtigen, was natürlich auch dazu führt, dass der Großteil der Zuhörer eine Homosexuellenfeindlichkeit nicht wird registrieren können. Die Ihrem Argumentationsstrang folgende Ausladung von Buju Banton halte ich deshalb für sehr fragwürdig und aus Ihrer Sicht für inkonsequent [...]. Das Angebot des Veranstalters, dem Künstler die Verbreitung homophober Inhalte in Hamm zu untersagen, halte ich deshalb für absolut ausreichend.Bernd Lubienetzki, BochumSchade, dass der Autor für seine Meinungsmache fast eine halbe Seite zur Verfügung bekommen hat. Natürlich sollte nicht vergessen werden, dass ein damals 18-Jähriger eine musikalische Sünde begangen hat. Nur frage ich mich, warum das erst jetzt an die große Glocke gehangen wird, wo doch Buju Banton schon das Xte mal durch ganz Europa tourt. Außerdem glaube ich nicht, dass alle Besucher seiner Konzerte Schwulenhasser sind. Da Sie sich ja in der Reggae- und Schwulenszene bestens auskennen, gehe ich davon aus, dass Sie auch in Ihrem Musikarchiv alle Textzeilen von A bis Z studiert haben. Und, da ist Ihnen nichts aufgefallen? Eminem? Toten Hosen / Fanny van Dannen (“Lesbische, Schwarze, Behinderte“)? Die Ärzte, wo auch Frauen Schläge gern haben oder Claudia einen Schäferhund hat? Oder die bösen Onkelz? Und übrigens, bei Cliff Barnes hat „no one an asshole like a cowboy“, und das ist deren Hymne... oder stehen Sie eher auf Chuck Berry oder Jerry Lee Lewis sowie Michael Jackson, die tatsächlich mit Minderjährigen etwas hatten... Wo waren Sie, als diese Künstler ihre Tourneen in Deutschland machten? Frank Rolf, Hamm

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