Umverteilungsphrasen erschüttern

betr.: „Aber wir haben doch den Millowitsch!“, taz vom 14./15.8.2004

Die Artikel von Jürgen Schön zur Kölner Kulturpolitik schätze ich sehr, und auch seine jüngste Analyse [...] zur Situation unserer „Kulturstadt“ ist ausgesprochen zutreffend. Da erschüttert es umso mehr, wenn er im vorletzten Absatz in längst überwunden geglaubte Umverteilungsphrasen ausbricht.

Innerhalb des stadtkölnischen Kulturetats sollen die, die etwas mehr bekommen, abgeben an die, die weniger erhalten. Diese Forderung war vor einiger Zeit in der freien Szene weit verbreitet, bis sich auch dort die Erkenntnis durchsetzte, dass z.B. Opern aufgrund des hohen Personaleinsatzes teurer zu produzieren sind als Ein-Personen-Schauspiele, dass eine Ausstellung etablierter Künstler schon durch die Höhe der Versicherungs- und Transportkosten erhebliches Geld kostet, und dass Bildungsauftrag und wissenschaftliche Forschung, die von öffentlichen Kultureinrichtungen neben ihrer künstlerischen Aufgabe wahrgenommen werden, ebenfalls finanziell zu Buche schlagen. Über die [...] Möglichkeiten von Theaterkooperationen und -fusionen sind in den letzten Jahrzehnten mehrere Gutachten geschrieben worden, die alle zu dem Schluss kommen: ist zwar sicher künstlerisch interessant, spart aber nicht viel, es sei denn, eine Stadt gibt ihr Engagement in dieser Kunstsparte komplett auf und lässt sich von den Nachbarstädten mitbespielen.

[...] Angesichts dieser Situation und eines Kulturetats von gerade mal 3,7 Prozent des städtischen Gesamthaushalts ist die Forderung nach Umverteilung in der freien Szene kaum noch zu hören. Einige Verfechter gibt es jedoch noch, die gebetsmühlenartig zu jeder Gelegenheit den angeblichen Reichtum der einen und die Armut der anderen bejammern, doch sollte man genau hinhören, wer was mit welcher Begründung fordert und welche wirtschaftlichen Interessen auch hier im Spiel sind. [...] BEATRIX KLEIN, Köln

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