: Soal wird ausgetrickst
Kita-Einführungsgesetz soll den unbequemen Verhandlungspartner ausschalten. Jugendhilferechtsexperte Christian Bernzen hält Gesetz für rechtswidrig
Die Kita-Verhandlungen liegen weiter auf Eis. Die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) hat per Brief um ein Gespräch mit Sozialbehördenstaatsrat Klaus Meister gebeten – dieser sei aber laut Pressesprecher Oliver Kleßmann noch nicht eingegangen. Unterdessen wurde gestern in einer Sondersitzung der Deputation das umstrittene Kita-„Einführungsgesetz“, kurz EGKibeG, abgenickt, das damit theoretisch schon heute in den Senat gehen könnte.
Das Gesetz berechtigt den Senat, neue Kita-Personalschlüssel ohne Verhandlungen einfach anzuordnen. Wie aus Behördenkreisen durchsickerte, soll es das eigentliche Ziel des EGKibeG sein, den alternativen Wohlfahrtsverband „Sozial & alternativ“ (Soal) aus den Verhandlungen herauszuhalten. Denn in der Hamburger Straße glaubt man schon, sich mit der AGFW auf eine Sparsumme zu einigen. Die Behörde hatte 21 Prozent vorgeschlagen, die AGFW neun Prozent. Als mögliche Kompromisslinie kursieren zwölf Prozent.
Soal hatte Kürzungen jedoch bislang abgelehnt. Der Dachverband, der rund 3.000 Kita-Plätze in 130 Einrichtungen vertritt, ist eigentlich neben der AGFW (21.000 Plätze) und der städtischen Vereinigung (22.000 Plätze) der dritte Verhandlungspartner für die Stadt in der im Frühjahr 2003 mit dem Kita-Gutscheinsystem eingerichteten Vertragskommission. „Die Verhandlungen um neue Standards können nur dort stattfinden“, erklärt Soal-Fachreferent Elimar Sturmhoebel und wirft dem CDU-Senat „Machtpolitik“ vor, mit der er die jahrelang entwickelte „Gesprächskultur“ ersetze. „Die Verhandlungen müssen in der Vertragskommission stattfinden. Das ist der übliche Weg“, fordert auch die GAL-Politikerin Christiane Blömeke. Doch dafür sei Soal wohl „zu laut und kritisch“.
„In der AGFW sind nun einmal die big five der Wohlfahrtsverbände vertreten“, erklärt dagegen Behördensprecherin Anika Wichert. Mit diesen wollte man nun in „konstruktiver Zusammenarbeit“ Eckpunkte festlegen, bevor Soal und die Vereinigung einbezogen würden.
Nach Einschätzung des Jugendhilferechtsexperten Christian Bernzen wäre die Stadt gut beraten, sich mit allen drei Verbänden an den Tisch zu setzen. Denn seiner Einschätzung nach ist das EGKibeG „rechtswidrig“, weil es ein Ausführungsgesetz des bundesweiten Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) ist. Und dieses sieht statt Rechtsverordnungen nun mal Vereinbarungen zwischen Staat und Trägern vor. Ein Kita-Träger, der sich ungerecht behandelt sieht, könnte beim Verwaltungsgericht festellen lassen, dass das EGKibeG rechtwidrig ist. Erst vor 14 Tagen hatte das Gericht aus ähnlich gelagerten Gründen eine ganze Jugendhilfereform des Senats gestoppt. KAIJA KUTTER