Airport vor Gericht

Rund 10.000 Kläger wollen Ausbau Schönefelds verhindern. Anwälte: Planfeststellung ist rechtswidrig

Die Gegner des geplanten Großflughafens in Schönefeld wollen das Projekt vor Gericht zu Fall bringen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig rechnen sie sich gute Chancen aus, den Ausbau des stadtnahen Flughafens zu verhindern, der die innerstädtischen Airports Tegel und Tempelhof ersetzen soll. Wegen zahlreicher „gravierender Defizite und Abwägungsfehler“ sei der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig, sagte der Würzburger Rechtsanwalt Wolfgang Baumann gestern. Baumanns Kanzlei vertritt die im Bürgerverein Berlin-Brandenburg zusammengeschlossenen Flughafengegner.

Baumann machte gestern zehn so genannte K.-o.-Punkte aus, die das gesamte Projekt juristisch zu Fall bringen würden. So habe es keine Prüfung alternativer Standorte gegeben, auch handle es sich um eine unzulässige Vorratsplanung. Im Klartext: Der Flughafen ist so großzügig projektiert, dass er nach Baumanns Angaben jährlich ca. 550.000 Flugbewegungen verkraftet – ca. 200.000 mehr als im Planverfahren angenommen.

Einer der wichtigsten Kritikpunkte ist aber der Lärmschutz: Dieser sei nicht ausreichend, so Baumann. Auch die von den Flughafenplanern vorgeschlagenen Entschädigungen für die Anwohner würden den Verlust von Lebensqualität und Grundstückswert nicht ausgleichen.

Rechtsanwalt Frank Boermann kritisierte zudem, dass nach den Standards des Bundesumweltamts nach dem Flughafenausbau in einigen Orten wie Bohnsdorf-Süd, Selchow und Waltersdorf niemand mehr wohnen dürften, weil die prognostizierte Lärmbelastung zu gesundheitlichen Schäden führe. Kein Argument für die Flughafengegner ist allerdings: Die Lärmbelastung am Stadtrand führt nach einer Schließung von Tegel und Tempelhof zu Entlastungen in dicht besiedelten Bezirken wie Neukölln, Pankow und Wedding.

Weitere Kritikpunkte der Flughafengegner: die Belastungen durch Luftschadstoffe und die Gefährdung des Grundwassers. Nach Auslage der Planfeststellungsunterlagen vom 6. bis 20. September wollen die Flughafengegner beim Bundesverwaltungsgericht einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gegen den Baubeginn stellen. Insgesamt wollen rund 9.000 bis 10.000 Kläger gegen das Großprojekt vorgehen – eines der größten Massenverfahren kündigt sich an. Die Anwälte rechnen mit einer Dauer von bis zu zwei Jahren. RICHARD ROTHER