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Archiv-Artikel

Viel Wasser auf Film

„Wahnsinn zwischen Wasser und Land“ et al: Bei der heute beginnenden maritimen Filmwoche im Kino 46 gibt es Piraten, Segelschiffe und Slapstick

So ungeschönt wie in Hollywood möglich: das Leben auf einem britischen Kriegsschiff

Nun schon zum sechsten Mal schippert das Kino 46 hinaus auf eine cineastische Kreuzfahrt, und da der Eintritt frei ist, verzeiht man dem großzügigen Sponsoren, der ehemaligen „Bremer Lagerhaus Gesellschaft“, sogar die stilistisch eher holprige Namensänderung in „Bremen Logistic Group“. Ab heute kann man sechs Abende lang in Walle ins Kino gehen, und dort viel Wasser auf der Leinwand sehen.

Eine wirkliche Neuentdeckung ist diesmal nicht dabei, denn alle gezeigten Filme waren in Bremen bereits zu sehen. Aber es gibt ja so manche Cineasten, die nie in ein Multiplexkino gehen würden – nun haben sie endlich Gelegenheit, die beiden größten Planschfilme der letzten Zeit ohne den lästigen Popcorngeruch zu genießen.

Am Freitag nämlich wird „Fluch der Karibik“ gezeigt, die bizarre Travestie eines Seeräuberfilms, die alleine schon wegen Johnny Depp sehenswert ist. Solch einen Freibeuter wie seinen Captain Sparrow hat es im Kino noch nie gegeben. In einer völlig überdrehten Parodie auf Keith Richard schwingt er sich wie eine betrunkene Drag-Queen von Mast zu Mast. Auf einem ganz anderen Kiel gebaut ist „Master & Commander“. Regisseur Peter Weir versucht so detailgenau, authentisch und ungeschönt wie in einer Hollywood-Produktion nur möglich, das Leben auf einem britischen Kriegsschiff im frühen 19. Jahrhundert zu zeigen. „Er schildert das Leben an Bord, die Arbeit und die Freizeit, die Stürme in der Nordsee und die Flauten am Äquator“. Mit diesen auch auf Weirs Film genau passenden Worten wurde 1960 im evangelischen Filmbeobachter der Dokumentarstreifen „Die Pamir“ von Heinrich Klemme beschrieben. Jetzt also bietet sich die seltene Gelegenheit direkt überprüfen zu können, wie gut Weirs Rekonstruktion gelungen ist. Denn Klemme fuhr für seinem Film tatsächlich auf dem berühmten Segler von Hamburg nach Rio, zeigt aber auch historische Bilder vom Untergang der „Pamir“.

Dass jemand, der ins Wasser fällt für einen sicheren Lacher sorgt, haben die Slapstickstars natürlich immer gewusst. Und so haben Buster Keaton, Charlie Chaplin, Laurel & Hardy und Harold Lloyd Stummfilme im „Wahnsinn zwischen Wasser und Land“ inszeniert, die unter diesem Titel am Samstag zu sehen sind (Klavier: Ezzat Nashashibi).

Federico Fellini hat sein „Schiff der Träume“ (Dienstag) in den Studios von „Cinecittà“ vom Stapel gelassen. Dem Meer sieht man sofort an, dass es nicht mehr als ein Planschbecken ist, und der Ozeandampfer ist der typische pittoreske Mikrokosmos einer dekadenten Gesellschaft, die bis zum Untergang weiterfeiert. Ähnlich poetisch wirkt „Hans Warns – Mein 20. Jahrhundert“, der heute Abend gezeigt wird. Der in Elsfleth geborene Seemann hat sein Leben lang Fotos von seinen Reisen gemacht. Diese und seine Lebensgeschichte sind die Basis des Films, der aber dennoch keine reine Dokumentation ist. Denn der Regisseur Gordian Maugg inszenierte die Schlüsselszenen des Seemannslebens nach und fuhr zum Teil auch für Aufnahmen zu den damaligen Reisezielen. Alles an diesem Film ist in das Sepia der Erinnerung getaucht und da ist es dann auch nicht so wichtig, ob der 90-jährige Hans Warns seine eigenen Abenteuer nicht ein wenig zu Seemannsgarn ausgesponnen hat. Schön erzählt und anzusehen ist der Film allemal.

Wilfried Hippen

Heute bis Dienstag bei freiem Eintritt im Kino 46