: Parlamentssitzung geht in die Verlängerung
Die heutige Auftaktsitzung hat Montagmorgen ein Nachspiel: Dann will die CDU Justizsenatorin Schubert (SPD) abwählen lassen. FDP und Grüne wollen heute schon Wowereit missbilligen lassen. Beides hat keine Aussicht auf Erfolg
Manchmal hat es Vorteile, nicht vor Ort zu sein. Klaus Wowereit (SPD), der Regierende Bürgermeister, hat die vergangenen Tage als Berlin-Werber bei den Olympischen Spielen verbracht – fernab der neuesten Attacke gegen ihn. Grüne und FDP haben einen Missbilligungsantrag gegen ihn gestellt, über den heute spätabends das Abgeordnetenhaus abstimmen soll. Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) hingegen muss bis Montag warten. Der gegen sie gerichtete Abwahlantrag (taz berichtete) kann aus Fristgründen erst dann entschieden werden. Beide Anträge basieren auf Vorwürfen der Staatsanwaltschaft, der Senat mische bei den Tempodrom-Ermittlungen mit.
Drastisch hatte Generalstaatsanwalt Dieter Neumann vergangene Woche im Rechtsausschuss die Landesregierung kritisiert. Er wandte sich „gegen die letzten sechs Monate öffentlicher Kritik des Senats an der Arbeit der Staatsanwaltschaft“. Seine Behörde, die in der Tempodrom-Affäre unter anderem wegen Untreue gegen Finanzsenator Thilo Sarrazin, Exsenator Peter Strieder und Wirtschaftsstaatssekretär Volkmar Strauch (alle SPD) ermittelt, sei infolge dieser Kritik nicht mehr unbefangen.
Neumann nahm dabei Schubert ausdrücklich von seiner Kritik aus und griff ebenso explizit Wowereit an, der heute Mittag aus Athen zurückkehrt. Der hatte die Argumentation der Behörde in einem Interview als juristisch nicht haltbar bezeichnet. Der Regierende Bürgermeister habe sich als Verfassungsorgan einer solchen Wertung zu enthalten, begründen Grüne und FDP den Missbilligungsantrag. Senatssprecher Michael Donnermeyer hingegen sieht in Wowereits Worten nichts Unlauteres: „Dass der Regierende sich auf Anfragen hin äußert, ist doch zumindest durch die Meinungsfreiheit gedeckt.“
Zur von FDP und Grünen gewünschten Missbilligung, einer Art Rüge durch das Parlament, wird es kaum kommen. Der SPD-Koalitionspartner PDS steht nach gestrigen Angaben hinter dem Regierenden. „Es gibt zwar auch bei uns kritische Stimmen, wie man mit der Staatsanwaltschaft umgehen sollte und wie nicht“, sagte Fraktionssprecherin Kathi Seefeld. „Aber das ist für uns kein Anlass für eine Missbilligung.“
Auch beim CDU-Misstrauensantrag zur Abwahl von Schubert deutet laut Seefeld nichts „auch nicht im Entferntesten“ darauf hin, dass sich die PDS-Fraktion daran beteilige. Das Nachsitzen des Abgeordnetenhauses, das heute zur ersten Sitzung nach der Sommerpause zusammenkommt und vor allem über Hartz IV debattiert, wird am Montag voraussichtlich nur gut drei Minuten dauern. 9 der 141 Abgeordneten können den zusätzlichen Termin zumindest mit der anschließenden Sitzung des Tempodrom-Untersuchungsausschusses verbinden.
Senatssprecher Michael Donnermeyer nannte den CDU-Antrag eine „Skandalisierung ohne Skandal“. Schubert selbst hielt den Vorwurf der Union, sie habe im Rechtsausschuss nicht die Wahrheit gesagt, für „vollkommen abwegig“. Die CDU-Abgeordneten hätten aber schon in der Ausschusssitzung erkennen lassen, „dass sie den Sachverhalt und die Rechtslage nicht verstanden haben“, sagte die Justizsenatorin. Auch FDP und Grüne mochten sich der Union nicht anschließen. Grünen-Fraktionschef Ratzmann nannte ihre Vorwürfe falsch und überzogen.
STEFAN ALBERTI