: Die Rote Kita-Karte
Rathaus-Festsaal platzt aus allen Nähten. Hunderte Eltern im Jugendausschuss. Senatorin verteidigt Einsparungen
In einer Art Bahnhofsatmosphäre begann gestern die Sitzung des Jugendausschusses der Bürgerschaft. Während Familiensenatorin Birgit Schnieber-Jastram ihre Erklärung vom Blatt las, betraten die letzten Zuhörer den Festsaal des Rathauses, der mit mehr als 600 Menschen bis hinauf auf die Emporen gefüllt war.
„Wir wollen vereinbaren, nicht verordnen“, sagte die CDU-Politikerin. Sie habe ein hohes Interesse daran, dass die Verhandlungen mit den Kita-Trägern wieder aufgenommen werden. Dies sei schwierig, weil diese bei Einführung des Kita-Gutscheinsystems „überhöhte“ Standards bekommen hätten, „die wir im Interesse des Steuerzahlers zurücknehmen müssen“.
Darauf ertönten laute Buh-Rufe aus dem Saal. Empörte Erzieher hielten rote Karten in die Luft. Wie ernst es der Behörde mit der Standard-Absenkung ist, erklärte im Anschluss Staatsrat Klaus Meister. So gebe das in einer aktuellen Drucksache enthaltene Zahlenwerk, das von 70 Millionen Euro Einsparungen ausgeht, „in etwa“ den Stand der Verhandlungen wieder. Die „hehren Ansprüche“ des Kita-Kompromisses könnten nur aufrecht erhalten werden, wenn die Konditionen dem deutschen Durchschnitt entsprächen.
Kita-Abteilungsleiter Anselm Sprandel führte aus, dass mit dem Gutschein-System für alle 50.000 Kinder die Betreuung im Schnitt um vier Zehntelstunden pro Woche erhöht worden sei. Allein dies koste 24 Millionen Euro. Wenn beispielsweise Halbtagsgruppen 28 statt 35 Erzieherstunden wöchentlich bekämen, könne er das „so dramatisch nicht finden“.
Nach einstündiger Debatte bilanzierte der SPD-Abgeordnete Rüdiger Schulz: „Sie haben für die Absenkung der Standards kein einziges pädagogisches Argument geliefert.“ Und erntete dafür aus dem Publikum anhaltenden, im Ausschuss unerlaubten Applaus. KAIJA KUTTER