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Archiv-Artikel

Knallrot zur besten Sendezeit

Monika Gärtner-Engel ist Oberbürgermeisterkandidatin in Gelsenkirchen und sitzt im ZK der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands. Jetzt durfte die Anti-Hartz-Agitatorin sogar die Montagsdemos retten – in der Tagesschau

Mit Tumulten kennt sie sich aus: Dann steht Monika Gärtner-Engel unerschrocken vor der Bühne und weiß hinter sich stämmige bärtige Männer mit Arbeitshelm. Dass die 52-Jährige den Kampfesmut der Aktivistin freilich in der ARD-Tagesschau am Samstag vorführen konnte, verwunderte doch ein wenig: Als Mitorganisatorin der Gelsenkirchener Montagsdemo macht das Mitglied des Zentralkomitees der Marxistisch Leninistischen Partei Deutschlands Karriere.

Am Samstag hatte das Leipziger Sozialforum zum Koordinierungstreffen geladen. 180 Vertreter von 66 Montagszügen waren der Einladung gefolgt. Doch die Gegner der Sozialreformen auf Kosten von Arbeitslosen zeigten sich wenig einig: Die Gastgeber wendeten sich gegen Schnellschüsse, andere Demonstranten wollten mehr.

In ihrem knallroten Ledersakko gelang es Gärtner-Engel als „politisch erfahrene Frau aus dem Ruhrgebiet“ (O-Ton Tagesschau) sich an die Spitze der Bewegung zu stellen. Das so genannte „Bündnis Volksaufstand“ plant nun am dritten Oktober einen Sternmarsch nach Berlin. Die Leipziger Gastgeber lehnten die Demo ab – sie wollen dann gegen einen Aufmarsch von Rechtsextremen protestieren. Dumm auch, dass zeitgleich in Berlin ein zweiter Kreis von Montagsprotestierern einen anderen Demovorschlag machte: Am 2. Oktober vorm Bundeskanzleramt.

Dennoch dürfte sich für Monika Gärtner-Engel die Fahrt nach Lepizig gelohnt haben. Die Gelsenkirchener Oberbürgermeister-Kandidatin konnte sich in der Tagesschau zeigen. Die Mutter von drei Kindern ist mit Stefan Engel, dem Vorsitzenden der MLPD, verheiratet. In die Kommunalwahl geht die gebürtige Süddeutsche als Oberbürgermeister-Kandidatin des Bürgerbündnisses „AUF“ (alternativ, unabhängig, fortschrittlich). 1999 konnte AUF zwei Ratsmandate erringen, seitdem sitzt die Pädagogin, Publizistin und „Lebensberaterin“ im Rat der Stadt. Und bei den Montagsdemonstrationen in Gelsenkirchen agierte die Hobby-Walkerin bislang als Moderatorin am „offenen Mikrophon“.

Weil ihnen die MLPD zu dominant wurde, organisierten einige Protestierer am letzten Montag ihren eigenen Zug. Die positive Berichterstattung über den Alternativprotest in WAZ bis taz rief MLPD, AUF und auch die Kandidatin auf den Plan: In Stellungnahmen wehrt sich Gärtner-Engel seither gegen Kritik an der Zentraldemo. Die Spitzenkandidaten der anderen Ratsparteien rief sie dazu auf, sich an der Montagsdemo zu beteiligen und dort vom offenen Mikrophon Gebrauch zu machen. Das befindet sich übrigens in den Händen von Monika Gärtner-Engel vorne an der Bühne, umringt von stämmigen bärtigen Männern mit Arbeitshelmen. CHRISTOPH SCHURIAN