: Neonazis gaben sich als Biker aus
Die aufgelöste Feier der Neonazi-Rocker Vandalen in Treptow-Köpenick hat ein juristisches und politisches Nachspiel. Besonders Letzteres ist brisant
von HEIKE KLEFFNER
Nachdem die Polizei am vergangenen Samstag die jährliche „Geburtstagsfeier“ der Neonazi-Rockergruppe Vandalen in Treptow-Köpenick mit rund 150 szenebekannten Gästen auflöste, fühlt sich die Belegschaft der Gaststätte Sportcasino Eiche im Stich gelassen.
„Die Polizei hätte uns vorher informieren sollen“, sagt ein Mitarbeiter. Schließlich sei man von den Anmeldern bewusst getäuscht worden. Ein Mitglied der Vandalen, der polizeibekannte Matthias G., habe beim Anmieten der Räumlichkeiten den Organisationsnamen „Motorradsportclub Vandalen“ angegeben. Die Neonazis haben offensichtlich mit einem Polizeieinsatz gerechnet. Gegenüber den Mitarbeitern der Gaststätte hatten sie erklärt, dass die Feier eventuell lauter werden könne und daher vielleicht die Polizei vorbeischauen würde.
Die Gaststätte Sportcasino Eiche, die zwar an den traditionellen Arbeitersportverein TSV Eiche-Köpenick angeschlossen ist, aber vom Bezirksamt Treptow-Köpenick verpachtet wird, gilt sowohl bei Vereinen als auch bei Ortsverbänden von SPD, PDS und CDU sowie bei Motorradclubs als beliebter Treffpunkt. „Weil wir schon öfter Bikertreffen hier hatten, haben wir auch nicht weiter nachgefragt“, so ein Mitarbeiter des Sportcasinos.
Enttäuscht ist man hier vor allem darüber, dass die Polizei den Pächter nicht vorher über die unerwünschten Gäste informierte. Schließlich habe man eine klar ablehnende Haltung gegenüber Rechtsextremisten. „Als die NPD-Bundesgeschäftsstelle hier nach Räumlichkeiten für eine Veranstaltung angefragt hat, haben wir denen eine deutliche Absage erteilt.“ In der Gaststätte glaubt man, dass die Sicherheitsbehörden vorab informiert waren. Denn auf dem Durchsuchungsbefehl sei schon die Jahreshauptversammlung der „Vandalen – Ariogermanische Kampfgemeinschaft“ zum 21. Gründungstag der Neonazigruppe als Grund eingetragen gewesen.
Das Bezirksamt Treptow-Köpenick hat unterdessen angekündigt, für die Pächter von bezirkseigenen Versammlungsräumen eine Liste sowohl von rechts- als auch linksextremistischen Gruppierungen und deren Hintermännern zusammenzu stellen. Wie die Liste konkret aussehen soll, steht allerdings noch nicht fest. Am Dienstag nächster Woche wollen die Stadträte über Details beraten, mit der Liste ist frühestens im Oktober zu rechnen. Diese Liste ginge auch an Versammlungsorte wie Jugendclubs, welche insbesondere in Treptow seit längerem Ziel rechtsextremer Unterwanderungsversuche sind.
Ein juristisches Nachspiel hat das aufgelöste Vandalen-Treffen in jedem Fall. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt wegen Verdachts des Geheimnisverrats gegen unbekannt. Anlass sei, so Justizspressesprecher Björn Retzlaff, dass einer der rechten Teilnehmer behauptet hatte, schon 45 Minuten vor dem Einsatz der 370 Polizeibeamten einen Telefonanruf erhalten zu haben, in dem er vor einer Razzia gewarnt worden sei.
„Wir müssen dem nachgehen, weil das nicht sein darf“, so Retzlaff. Sollte sich die Behauptung als unwahr herausstellen, könne allerdings auch gegen den rechten Besucher wegen „Vortäuschung einer Straftat“ ermittelt werden.