: Unsere Schule gehört uns
Immer mehr Eltern, Schüler und Lehrer verlassen sich nicht mehr auf den Staat, sondern engagieren sich selbst für ihre Schule. Zwei Beispiele zeigen: Die Qualität von Bildung steigt durch Eigeninitiative
von SUSANNE LANG
Manchmal fängt der Weg zu einer besseren Schule ganz einfach mit einem Ziegelstein an. Ein Stein für ein neues Gebäude, den sich der Staat oder der freie Träger nicht leisten kann, den deshalb Eltern, Freunde der Schule oder Bürger spenden. An der evangelischen Schule Frohnau sind mittlerweile gut 180 dieser Ziegelsteine verkauft, für je 750 Euro, mit je einer symbolischen Unterschrift des Besitzers darauf.
Natürlich reichen die Steine und das Geld nicht für die insgesamt drei Neubauten, die an dem grundständigen Gymnasium dringend notwendig sind. Natürlich können Eltern und Fördervereine die Summe von 3,5 Millionen Euro nicht aufbringen. Aber sie können sich dafür einsetzen, dass sich ein Geldgeber findet. Private-Public-Partnership nennt sich dieses Finanzierungsmodell, das vor allem in den Vereinigten Staaten praktiziert wird und auch in Deutschland in der Diskussion ist, wenn es darum geht, wie man das Bildungssystem verbessern kann.
Wie können sich Eltern, Bürger und Schüler engagieren, um die Qualität des Schullebens zu steigern? Welche Formen sind sinnvoll angesichts zunehmend leerer Staatskassen? Diese Fragen stehen unter anderem im Mittelpunkt einer Reihe von „Berliner Bildungsgeprächen“, die Wege zu einer besseren Schule diskutieren wollen.
Egal in welcher Form, eines setzt Bürgerengagement voraus: die Bereitschaft, sich ehrenamtlich einzusetzen. In Frohnau hat der Förderverein genau dies gemacht und vor zwei Jahren eine Arbeitsgruppe gegründet, die „Bau-AG“, in der fünfzehn Eltern nach Finanzierungsmöglichkeiten gesucht haben. „Uns geht es darum, bessere Bedingungen für unsere Kinder zu schaffen“, erklärt Hannelore Heinz, stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins. Seit gut zwölf Jahren ist sie dort Mitglied, das Engagement der Eltern ist ihrer Erfahrung nach gestiegen. Jüngster Erfolg des Vereins ist das Richtfest für die Neubauten. Die Bau-AG konnte die Lottogesellschaft ins Boot holen. Bedingung für den Deal: der Förderverein muss einen Teil zuschießen. Daher die Aktion mit den Ziegelsteinen. Daher Trödelmärkte, Schulfeste oder Konzertabende mit Mitgliedern der Philharmonie, deren Kinder die Schule besuchen.
Der Weg zu einer besseren Schule hört natürlich nicht auf bei neuen Gebäuden. Er kann über eine – wie in Frohnau – vom Förderkreis finanzierte Tagesmutter über ein eigenständig betriebenes Schulbistro hin zu freiwilligem Engagement der SchülerInnen führen. An der Riesengebirgs-Oberschule arbeiten beispielsweise 60 SchülerInnen in ihrer Freizeit unentgeltlich bei gemeinnützigen Trägern. „Service Learning“ nennt sich dieses Projekt, das auch aus Amerika stammt. Für ein bis zwei Stunden „arbeiten“ die Jugendlichen bei Seniorenclubs, in Bibliotheken oder Kitas. 40 Träger bieten den SchülerInnen insgesamt 70 Stellen an.
Dass die Schüler in dieser Form einen Beitrag für die Gesellschaft leisten, ist nur ein Aspekt des Projekts. „Insbesondere für unsere eher schwierige Schülerschaft ist es wichtig, Erfolgserlebnisse zu sehen und dadurch Selbstbestätigung zu erhalten, die wir ihnen im Unterricht nicht bieten können“, erklärt der Projektleiter, Joachim Syska. „Schule muss mehr leisten, als nur Zensuren zu vergeben.“ Sie müsse den Leistungen Ernsthaftigkeit und Praxisrelevanz verleihen.
Dass Service Learning nebenbei zur Demokratie erzieht, indem man eigene Interessen für andere zurückstellt, ist für Syska ein ebenso wichtiges Ziel wie die Anbindung von Schule an das kommunale Umfeld.
Auch wenn die Riesengebirgs-Oberschule bisher Service Learning als einzige in Berlin durchführt, glaubt Syska, dass andere Schulen nachziehen werden. Abhängig sei dies nicht nur von Bereitschaft, sich zu engagieren, sondern auch an der Offenheit der Schulleitung und der anderen Lehrer für diese Projekte.
Diese Erfahrung hat auch Hannelore Heinz gemacht. „Manche Lehrer bauen Ängste auf, dass Eltern auch Einfluss auf ihre pädagogische Arbeit nehmen könnten.“ Das sei jedoch unberechtigt. Schließlich führt selbst der Weg zur besten Schule noch nicht am Lehrer vorbei.