unterm strich
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So kann es kommen. Es ist noch nicht einmal eine Woche her, da entledigte sich der amerikanische Medienkonzern Time Warner der drei Buchstaben AOL in seinem Namen. Wir erinnern uns: AOL, America Online, diese Internetfirma, die vor dreieinhalb Jahren, auf der Höhe des New-Economy-Hypes, mit Time Warner fusioniert war – obwohl Time Warner größer, umsatzstärker und auch sonst seriöser war. Nun heißt es unter Analysten, mit AOL sei Time Warner ein wunderschöner Hund mit einem hässlichen Schwanz gewesen. Doch kaum ist der Konzern den einen Namen losgeworden, drohen die nächsten drei Großbuchstaben. Der britische Musikkonzern EMI hat gestern angekündigt, Time Warner Music für 920 Millionen Pfund übernehmen zu wollen. Vor drei Jahren hatte EMI das schon einmal versucht, war damals aber an kartellrechtlichen Bedenken der EU gescheitert. Warum das dieses Mal anders sein soll, ist noch ein Geheimnis der Anwälte, die dabei sind, ein Angebot zu erarbeiten. „Die Diskussionen sind noch in einem vorbereitenden Stadium, und es gibt keinerlei Garantien, dass sie zu einer für beide Seiten akzeptablen Einigung führen werden“, sagte ein EMI-Sprecher gestern. Doch nachdem es der EMI in den vergangenen Jahren nicht wirklich gut gegangen war – die Versuche, Robbie Williams in den USA zu einem Superstar zu machen, verschlangen viel Geld, brachten aber wenig ein –, hat sich die Firma in den letzten Monaten dank der Erfolge von Radiohead und einer Rolling-Stones-Best-Of deutlich erholt. Der Kurs der EMI-Aktie hat sich seit März verdoppelt. Verkompliziert wird die Lage an der Schallplattenkonzernübernahmefront durch Gerüchte, dass die Bertelsmann Music Group (BMG) Interesse an einem Erwerb der EMI hat.