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Archiv-Artikel

Noch mehr sparen für den Haushalt

Rund 2,2 Milliarden Euro fehlen im Haushalt 2005 durch die Nachbesserungen bei Hartz IV. Der Weg zu mehrSchulden ist versperrt. Für 2004 muss Eichel ein gesamtstaatliches Defizit von 3,7 Prozent nach Brüssel melden

BERLIN taz ■ Es gehört zu den Ritualen der Politik, dass die Haushaltsexperten stets auf solide Finanzierung drängen. „Zusätzliche Ausgaben müssen durch echte Einsparungen gegenfinanziert werden“, forderten auch gestern die Abgeordneten Walter Schöler (SPD) und Anja Hajduk (Grüne), nachdem sie sich mit den anderen rot-grünen Haushaltsexperten im niederrheinischen Schloss Krickenheck zur Klausur getroffen hatten. Aber in früheren Fällen klaffte am Ende oft doch ein neues Loch, das mit Schulden geschlossen wurde. Und auch diesmal läuft im Etat 2005 von Finanzminister Hans Eichel (SPD) ein Minus von mindestens 2,2 Milliarden Euro auf.

Allein 800 Millionen kostet es, das Arbeitslosengeld II schon im Januar auszuzahlen. Mit 1,4 Milliarden schlägt es beim Bund zu Buche, der sich an den Mietzuschüssen für Arbeitslosengeld-II-Empfänger beteiligt. Weil überdies die Binnennachfrage schwach bleibt und der anziehende Export keine Mehrwertsteuereinnahmen bringt, drohen Steuerausfälle – und damit weitere Haushaltslöcher.

Ab Dienstag wird der Bundestag den Haushaltsentwurf 2005 beraten, den das Kabinett kurz vor der Sommerpause beschlossen hat. Insgesamt sieht er Ausgaben in Höhe von 258 Milliarden Euro vor, bei den Einnahmen wird mit 236 Milliarden gerechnet. Das ergibt eine Neuverschuldung von 22 Milliarden Euro. Der Artikel 115 des Grundgesetzes sieht nun aber vor, dass die Neuverschuldung die Investitionsausgaben nicht überschreiten darf, weil nur aus Investitionen neue Einnahmen entstehen können. Und da die geplanten Investitionen bei 22,8 Milliarden liegen, gibt es dieses Mal kaum noch Raum für neue Schulden, soll der Hauhalt „verfassungsfest“ sein.

Nun ist es zwar schon vorgekommen, dass der Staat auch „Konsumausgaben“ wie Arbeitslosenhilfe auf Pump finanziert hat. Doch ist dies nur bei einer „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ erlaubt: In einer Rezession soll der Staat die Konsumflaute nicht weiter verschärfen. Von einer Rezession kann aber keine Rede sein, werden doch für 2005 rund zwei Prozent Wachstum erwartet.

Die Haushaltsexperten Schöler und Hajduk formulieren also eher einen Fakt als einen Wunsch, wenn sie nun sagen, dass die Mehrbelastungen von 2,2 Milliarden Euro „im Wesentlichen durch Ausgabenkürzungen oder Einnahmeverbesserungen aufzufangen sind“. Die beiden empfehlen prophylaktisch, „alle Ausgaben auf den Prüfstand“ zu stellen, „um zusätzliche Einsparpotenziale zu erschließen“.

Gern würden die rot-grünen Haushaltspolitiker die Eigenheimzulage abschaffen – doch die Union hat sich im Bundesrat bisher dagegen gewehrt. Durchaus mit Kalkül: Die Eigenheimzulage ist eine der wenigen großen Subventionen. Diesen Notgroschen will die Union gern selbst zur Verfügung haben, falls sie an die Regierung kommt.

Für die Gegenwart ist die Opposition pessimistischer als Rot-Grün: Auf 5 Milliarden Euro schätzt der Unions-Haushaltspolitiker Dietrich Austermann die Mehrbelastungen durch Hartz IV. Der Haushalt werde „in jedem Fall verfassungswidrig sein“.

Da nutzt es Eichel auch nichts, dass offenbar die neue EU-Kommission die Kriterien des Stabilitätspaktes deutlich großzügiger auslegen möchte als die Vorgängerkommission unter Romano Prodi. Staaten mit hohem Defizit und anhaltend schwachem Wachstum sollen künftig länger Zeit bekommen, ihr Defizit schrittweise abzubauen, hieß es aus Brüsseler Kreisen.

Gestern musste Hans Eichel ein gesamtstaatliches Defizit von 3,7 Prozent nach Brüssel melden – 0,2 Prozentpunkte mehr als bislang angekündigt. 2005 könnten es dann wieder weniger als 3,0 Prozent sein, hofft Schöler. MATTHIAS URBACH