Veedel treffen Vorauswahl

Bei einigen Kölner Stadtteilfesten dürfen nur CDU, SPD, Grüne und FDP dabei sein. Der Grund für diese Entscheidung: Alle anderen Parteien wollten nur Wahlkampf machen, sagen die Veranstalter

Von Susanne Gannott

Ob in Nippes, Agnesviertel oder Ehrenfeld: Stadtteilstraßenfeste sind fast immer ein Publikumsrenner. Wenn die ansässigen Geschäftsleute ihre Waren feil bieten und die Fress- und Bierbuden wie Pilze aus dem Boden schießen, kann man auf der örtlichen Einkaufsstraße schon mal 200.000 Menschen zählen – wie letzten Sonntag auf der Dürener Straße. Solch eine Großveranstaltung ist kurz vor Wahlen natürlich auch für Parteien sehr interessant. Schließlich hat man selten so viele potenzielle Wähler beisammen, denen man sich „bürgernah“ präsentieren kann. Allerdings lassen manche Veranstalter – meist eine so genannte „Interessengemeinschaft“ (IG) der ansässigen Geschäfte – nicht jede Partei auf ihrem Fest zu.

In Lindenthal etwa durften letztes Wochenende nur die vier Ratsfraktionen einen Stand aufbauen. Die PDS dagegen bekam ebenso eine Absage wie das Wahlbündnis „gemeinsam gegen sozialraub“. Die Begründung der Werbeagentur von der Gathen, die für die Lindenthaler Geschäftsleute ebenso das Fest organisiert wie für die Sülzer, die am kommenden Wochenende feiern: Nur die Parteien dürften dabei sein, die „immer schon hinter den Straßenfesten gestanden haben“ und nicht „nur wegen der Kommunalwahl“ Präsenz zeigen wollten, so der Juniorchef der Agentur.

Dieses Argument findet Peter Bathke, Ratskandidat der PDS im Wahlkreis Sülz/Lindenthal, allerdings ziemlich „fadenscheinig“. Ihm habe man bei von der Gathen gesagt, auf der Dürener Straße wäre zu wenig Platz. Tatsächlich sei dort am Sonntag aber genügend Freiraum geblieben. Trotzdem habe er sich mit seinem Stand außerhalb der Festmeile platzieren müssen. Bathke vermutet hinter der Absage daher auch eher „unbegründete Vorbehalte“ gegenüber der PDS. „Dabei sind wir längst als politische Kraft in Köln etabliert und gehören seit Jahren zum politischen Leben der Stadt.“

Auch Axel Kraemer, Kandidat von „gemeinsam gegen sozialraub“ für die Lindenthaler Bezirksregierung, beschwert sich, dass die IGs offenbar „nach Gutsherrenart auswählen, wer als Teilnehmer akzeptiert“ ist. Die Stadt jedenfalls fühlt sich nicht zuständig: „Die Auswahl der Leute, die einen Stand machen, ist allein Sache der Veranstalter“, sagt Jürgen Müllenberg von der Pressestelle. Die Stadt gebe nur die Genehmigung für die Ladenöffnung am Sonntag und für die Sondernutzung der Straße.

Für Kraemer führt diese Regelung jedoch zur Bevorzugung einiger Parteien, was ein sicheres Zeichen von „Klüngelwirtschaft“ sei. Für ihn stelle sich daher die Frage, „in welchem Verhältnis eigentlich diese Interessengemeinschaften zu den Rathausparteien stehen“. Dazu gibt die FDP-Ratskandidatin im Wahlkreis Sülz II, Gerda Willemsen-Torhala, ganz offen Auskunft: Sie stehe in „freundschaftlichem Verhältnis“ zu einem der Geschäftsleute der IG Sülz-Klettenberg-Carrée und habe daher die Überlegungen der Interessengemeinschaft, wie man im Wahljahr mit den Parteien verfahren solle, mitbekommen. Und natürlich hat sie für deren Entscheidung, nur die Ratsfraktionen zuzulassen, durchaus Verständnis. Schließlich hätten die sich in der Vergangenheit auch um den „festlichen Charakter“ der Veranstaltung verdient gemacht und nicht einfach „aggressive Wahlwerbung“ betrieben. Die FDP etwa wolle am Wochenende auf der Berrenrather Straße einen Luftballonwettbewerb veranstalten und Bonbons verteilen. „Wenn dann einer kommt und nach dem Wahlprogramm fragt, gibt man ihm das natürlich.“

Damit haben aber auch manche Geschäftsleute der IG Sülz ein Problem. So sagt der IG-Vorsitzende und Sülzer Apotheker Sebastian Berges: „Wir wollen eigentlich gar keine politischen Parteien – und keine hat dieses Jahr eine offizielle Erlaubnis für einen Stand“. Die Agentur von der Gathen dagegen bestätigt der taz ausdrücklich: CDU, SPD, FDP und Grüne haben eine Standgenehmigung bekommen. Aber auch ein anderes IG-Vorstandsmitglied, das seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will, stimmt der Aussage seines Vorsitzenden zu: „offiziell“ sei nichts genehmigt. Den Widerspruch versuchte er so aufzulösen: Die Parteien vom letzten Jahr hätten eine Art Gewohnheitsrecht und würden daher notgedrungen „geduldet“.