OFF-KINO
: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Weihnachten vergangenen Jahres verstarb die Schauspielerin Ann Savage im Alter von 87 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls. Ein großer Star war sie nie, selbst zur Zeit ihrer größten Popularität in den 1940er-Jahren spielte sie lediglich in B-Produktionen, von denen man heute selten mehr als den Titel kennt. Aber eine Ausnahme gibt es doch: Edgar Ulmers „Detour“ (1945), ebenfalls eine in lediglich sechs Tagen abgedrehte Billigproduktion, entwickelte sich mit den Jahren zu einem der Klassiker des Film noir, und Savage erlangte mit ihrer Rolle als gnadenlos grausame Femme fatale Kultstatus. Ulmer erzählt die Geschichte eines New Yorker Klavierspielers (Tom Neal), der seine Freundin an der Westküste besuchen möchte. Da er jedoch kein Geld hat, fährt er per Anhalter, und ohne dass er eigentlich viel dazutut, wird die lange Strecke für ihn zum Weg ins Verderben. Ann Savage brilliert dabei als eiskalte Erpresserin, die schließlich beim wohl kuriosesten Mord der Filmgeschichte ums Leben kommt: Der gequälte Musikus reißt – durch eine verschlossene Tür – verzweifelt an einem Telefonkabel, das sich um ihren Hals gelegt hat. Faszinierend ist nicht nur, wie Ulmer es versteht, mit den wenigen zur Verfügung stehenden Kulissen eine stimmungsvoll düstere Atmosphäre zu erzeugen, sondern vor allem der unbeschreibliche Fatalismus, mit dem sich die Geschichte entfaltet. Ein großer Fan des Film noir ist auch der kanadische Regisseur Guy Maddin, der Savage deshalb 2007 für die Rolle seiner dominanten Mutter in der seltsamen Dokumentation „My Winnipeg“ besetzte, in der Maddin in nahezu surrealer Weise autobiografische Obsessionen mit reichlich zweifelhaften Fakten über seine Heimatstadt verbindet.

Zu „Detour“ passt der ein Jahr später entstandene Film noir eines anderen europäischen Emigranten: Auch Robert Siodmaks „The Killers“ ist in seiner Grundhaltung völlig fatalistisch. Der Beginn des Films beruht auf einer Kurzgeschichte von Hemingway: Als „Der Schwede“ liegt Burt Lancaster im Dunkeln auf seinem Bett und wartet regungslos darauf, von zwei Auftragsmördern erschossen zu werden. Die komplizierte Geschichte nach dem Tod des „Schweden“ recherchiert ein Versicherungsdetektiv, der in Rückblenden ein verpfuschtes Leben aufrollt.

Douglas Sirks farbige Melodramen der 1950er-Jahre wirken auf den ersten Blick wie die Antithese zum Film noir, doch auch sie bieten einen bitterbösen Blick auf die amerikanische Gesellschaft: „All That Heaven Allows“ führt den Zuschauer in eine kleine Provinzstadt, wo sich eine Witwe (Jane Wyman) in ihren deutlich jüngeren Gärtner (Rock Hudson) verliebt und damit überall aneckt. Besonders fies verhalten sich ihre widerwärtigen erwachsenen Kinder: Zunächst hintertreiben sie das Verhältnis, indem sie ihrer Mutter ein schlechtes Gewissen einimpfen, und schenken ihr dann – damit sie nicht so allein ist – einen Fernseher. Böser geht es kaum. Fast ebenso brillant: „Written on the Wind“, ein irres Vierecksmelodram um einen impotenten Ölmillionär, seine nymphomanische Schwester, die liebende Gattin und den virilen besten Freund. LARS PENNING

„Detour“ (OF) 15. 3., „My Winnipeg“ (OmU) 15. 3. im Arsenal

„The Killers“ (Original mit spanischen Untertiteln) 13./15. 3. im Arsenal

„All That Heaven Allows“ (Original mit spanischen Untertiteln) 17. 3., „Written on the Wind“ (OF) 18. 3. im Arsenal