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Archiv-Artikel

NEUE MODELLE LÖSEN DEN BEGRIFF „SOZIALHILFE“ AB – UND DAS TÄUSCHT Die Masken der Sozialhilfe

Nicht mehr lange wird uns ein Begriff erhalten bleiben, der Gefühle von Absturz und Ausschluss auslöste wie kaum ein anderer: Sozialhilfe. In der „Sozialhilfe“ zu landen, das bedeutete für die Mittelschicht den Sturz ins unterste soziale Netz. Erst gestern wieder kamen neue Statistiken: Die absolute Zahl der Sozialhilfeempfänger ist gestiegen, allerdings bleibt ihr Anteil an der ebenfalls zunehmenden Bevölkerung gleich. 3,3 Prozent der Bevölkerung beziehen Sozialhilfe. Das wird sich bald ändern, denn mit den geplanten Hartz-Gesetzen wird es in Deutschland eine neue Zählweise von Armut geben.

Rund 800.000 erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger werden künftig das Arbeitslosengeld II (ALG II) bekommen. Auch die Angehörigen dieser ALG-II-Empfänger bekommen künftig keine Sozialhilfe mehr, sondern das so genannte Sozialgeld. Behinderte und die über 65-jährigen Armen kriegen heute schon die so genannte Grundsicherung im Alter und bei Behinderung. Nur noch ein kleiner Teil der Bedürftigen, etwa Kranke, erhält künftig noch die so genannte Sozialhilfe. Das klingt erst mal so, als verschwände hier eine Stigmatisierung – in Wirklichkeit jedoch verbirgt sich hinter dem Wandel der Begriffe eine neue Armut.

Denn mit all den neuen Modellen taucht genau das alte Gespenst auf: die Sozialhilfe. Ob ALG II oder Grundsicherung – die Leistungen liegen immer nur in Höhe der heutigen Sozialhilfe. Das bedeutet, dass auch jene, die bisher Arbeitslosengeld oder -hilfe, demnächst aber nur noch ALG II bekommen, nur noch Leistungen in Höhe der Sozialhilfe kriegen. Während die lange Bezugsdauer von Arbeitslosengeld und -hilfe für manche Empfänger die Illusion aufrechterhielt, eine Art mittelschichtiges Ersatzeinkommen zu beziehen, gibt es bald nur noch eine Mindestsicherung, ganz gleich wie sie heißen mag. Der Sozialstaat stabilisiert nicht mehr die Mittelschicht – er schützt nur noch vor der ärgsten Armut. Das ist die wichtigste Veränderung. Sie wird das soziale Gefüge in Deutschland in den kommenden Jahren verändern. Und viele Ängste verstärken. BARBARA DRIBBUSCH