: Baskenland auf dem Weg zur Unabhängigkeit
Autonomieregierung legt Plan vor. Etablierte Parteien in Madrid wollen den „Verfassungsbruch“ verhindern
MADRID taz ■ Die langen politischen Sommerferien in Madrid sind endgültig vorbei. Seit am Freitag die baskische Autonomieregierung ihren Plan vorstellte, mit dem die Nordregion in den nächsten zwei Jahren zur Unabhängigkeit geführt werden sollen, ist das Sommerloch-Parteiengezänk vergessen. Die regierenden konservative Volkspartei (PP) und die sozialistische Opposition (PSOE) rücken zusammen, um dem „geplanten Verfassungsbruch“ des Ministerpräsidenten der baskischen Autonomieregierung Juan José Ibbarretxe den Weg zu verstellen. Der Chef der PP und Nachfolger des regierenden José María Aznar als Kandidat um das Amt des spanischen Regierungspräsidenten, Mariano Rajoy, ruft alle Parteien zum „Aufbau einer demokratischen Alternative“ auf. Der PSOE-Vorsitzende José Rodríguez Zapatero, scheint dazu gewillt zu sein.
Juan José Ibarretxe will dessen ungeachtet den Weg zu einer „baskischen Nationalität, die der spanischen gleichgestellt ist“, beschreiten. Die drei autonomen Provinzen sollen dann als „assoziierte Nation“ mit Spanien lose verbunden sein. Der Politiker der Baskisch Nationalistischen Partei (PNV) will ein neues Statut ausarbeiten, dass die Selbstständigkeit festschreibt. Das künftige Baskenland soll alle Kompetenzen übernehmen, selbst die Außenpolitik und die Vertretung gegenüber der EU. Der neue Staat soll auch die Möglichkeit haben, mit den drei in Frankreich liegenden baskischen Provinzen und mit dem nordspanischen Navarra über einen Zusammenschluss zu verhandeln.
Ibarretxe will seinen Plan bis spätestens 2005 einem Volksentscheid unterziehen. Mit seinem Vorhaben will er auch die „Tür der Gewalt endgültig schließen“. Gemeint ist damit der bewaffnete Kampf der Separatistenorganisation ETA. Ibarretxe hofft den Radikalen mit seinem Plan den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Die nicht nationalistische Opposition nimmt genau dies zum Anlass der Kritik. Für sie hat die baskische Regierung einen Weg eingeschlagen, der endgültig auf Konflikt statt auf Zusammenleben setzt. Denn nur knapp mehr als die Hälfte der Basken geben ihre Stimmen nationalistischen Parteien und sind potenziell mit Ibarretxes Plan einverstanden. Der Rest der Bevölkerung möchte weiter zu Spanien gehören.
Auch bei den Nationalisten hat Ibarretxe nicht alle hinter sich. Umfragen zeigen, dass nur jeder zweite PNV-Wähler für die Unabhängigkeit ist. Auch die der PNV ansonsten wohl gesonnen Unternehmerverbände stehen einem unabhängigen Baskenland skeptisch gegenüber. Schließlich haben sie ihre Märkte im restlichen Spanien. Auch die Abgeordneten der verbotenen ETA-nahen Batasuna tun sich schwer. Zum einen wollen sie sich als radikalere, nationalistische Option von Ibarretxes Plan abgrenzen. Zum anderen wurden sie vor wenigen Wochen von der ETA-Führung angehalten den Plan „aktiv und konstruktiv“ zu begleiten. ETA sieht in Ibarretxes Vorhaben einen Erfolg ihrer bewaffneten Aktionen: „Wir dürfen nicht übersehen, das in diesem Plan der Impuls der baskischen Linken enthalten ist“, heißt es in der ETA-internen Zeitschrift Zutabe. REINER WANDLER