piwik no script img

Archiv-Artikel

Der Senat lässt streichen

Über die grobe Linie der Sparpolitik soll heute der Koalitionsausschuss beschließen. Erst sollen die Parteichefs das dicke Papier absegnen. Das Verfahren soll der Bürgerschaft als dem Haushaltsgesetzgeber den Gestaltungsspielraum nehmen

Von kawe

Bremen taz ■ Die beiden Landesvorsitzenden von SPD und CDU, Detlev Albers und Bernd Neumann, mussten sich gestern kurzfristig durch 80 Seiten unappetitlicher Lektüre hindurchquälen: Nach dem Willen des Senats soll der Koalitionsausschuss die Verantwortung für die Ressort-Eckwerte der Haushalte 2004 und 2005 übernehmen.

Die Parteivorsitzenden haben sonst mit den Details der Haushaltsplanung nichts zu tun, sind also in keiner Weise sachkundig. Aber damit der eigentliche Haushaltsgesetzgeber, das Parlament, bei den Fachberatungen keine großen Probleme macht, soll der allgemeine politische Segen am Anfang stehen. Kaum drei Stunden haben die Koalitionäre heute früh Zeit, das dicke Papier abzunicken. Neben allgemeinen Kürzungsquoten, deren Umsetzung den Ressorts überlassen ist, sollen Dutzende von Details und kommunalpolitischen Kleinigkeiten mit einem Federstrich festgeschrieben werden: Die Mittel „für Projekte und Initiative im Umweltbereich“ etwa sollen reduziert werden, heißt es da, der Bildungssenator soll die „verbindliche Teilnahme an der verlässlichen Grundschule verzögert“ einführen, er soll die einzügigen Gy-Züge an den Schulzentren „auflösen“ und die Fahrtkostenerstattung für behinderte SchülerInnen reduzieren. Studierende sollen eine Einschreibgebühr bezahlen, die Bremerhavener Hausbesitzer sollen Deichbeiträge bezahlen, in Bremen soll die Grundsteuer B erhöht werden. Und so weiter.

Größere Summen will der Senat beim Personal sparen: Das Gehalt soll im kommenden Jahr nicht mehr zum 15., sondern erst zum Ende jeden Monats gezahlt werden, das Urlaubsgeld soll gestrichen werden, das Weihnachtsgeld halbiert. „Nullrunden für alle Beschäftigten“ stehen in dem Papier des Finanzsenators – und Rechnungen darüber was die „Anwendung des Berliner Modells“ – etwa zehn Prozent weniger arbeiten, zehn Prozent weniger verdienen – bringt: insgesamt 17 Millionen Euro Ersparnisse für 2005. Die Polizeibeamten und Feuerwehr-Leute, die nicht im Schicht- oder Außendienst tätig sind, sollen nicht mehr in den Genuss eines vorgezogenen Ruhestandes kommen.

An einzelnen Stellen des komplexen Finanz-Papiers werden zusätzliche Ausgaben angesprochen: Für den Bildungsbereich sollen für 2004 und 2005 jeweils etwa 25 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden – Senator Willi Lemke (SPD) war in die Haushaltsberatungen mit viel höheren Forderungen gegangen. Für den Polizeibereich hat der Innensenator einen Mehrbedarf von 13 Millionen Euro zu Protokoll gegeben, Kultursenator Hartmut Perschau hat ein Loch von 18,8 Millionen Euro. Und wenn die Kindergartenbetreuung wie beschlossen verbessert werden soll, dann kostet das für die beiden Jahre zusammen zwölf Millionen Euro mehr als im Sozialetat bisher vorgesehen.

Das Justizressort beziffert seinen Bedarf rückwirkend: In den vergangenen Jahren sind die Etats um 4,3 Millionen Euro überzogen worden, die sollen ausgeglichen werden. In den kommenden Jahren komme es auch zu „Mehrbedarf“, heißt es bereits – das zeigt, wie ernst Justizsenator Henning Scherf die Sparplanungen der vergangenen Jahre genommen hat. kawe