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Archiv-Artikel

Schüler in Not stehen Schlange

In Niedersachsen betreut ein Therapeut mehr als 26.000 Schüler. Damit ist das Land im Bundesvergleich am schlechtesten mit Schulpsychologen ausgestattet. Trotzdem wurden mehr als die Hälfte der Stellen gestrichen

Kein anderes Bundesland ist schlechter mit Schulpsychologen ausgestattet als Niedersachsen. Das geht aus einer aktuellen Studie des Verbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) hervor. Demnach kommen in Niedersachsen auf einen Therapeuten 26.324 Schüler. Damit liegt das Land weit über dem Bundesdurchschnitt von 12.410 Schülern pro Schulpsychologe.

In Schleswig-Holstein sieht es nicht viel besser aus: dort kommen auf einen Psychologen rund 21.500 Schüler. In Bremen gibt es derzeit elf Schulpsychologen für insgesamt vier Stadtteile. Ein Therapeut ist hier für rund 7.000 Schüler verantwortlich. Auf dem Spitzenplatz der Länder steht Hamburg. Laut BDP kümmert sich ein Schulpsychologe dort um gerade einmal 5.491 Schüler.

Zwar ist Hamburg damit innerhalb Deutschlands das Land mit der besten schulpsychologischen Versorgung. Im Vergleich zu Dänemark muss sich aber auch die Hansestadt hinten anstellen – dort stehen einem Therapeuten nur 773 Schüler gegenüber. Vor über 30 Jahren hat die Bund-Länder-Kommission schon einmal einen Mindeststandard an deutschen Schulen festgelegt. Demnach sollten auf einen Psychologen nicht mehr als 5.000 Schüler kommen. Doch anstatt aufzustocken, streicht Niedersachsen sogar Stellen.

Die niedersächsische Landesgruppe im BDP kritisiert nun die Stellenlage der Schulpsychologen. Im vergangenen Jahr wurden die 89 vorhandenen Stellen auf 40 gekürzt. „Die Stellen hätten nicht gestrichen werden dürfen, weil Schulpsychologen einen wichtigen Beitrag leisten, um solche Katastrophen wie in Erfurt oder Winnenden zu verhindern“, sagt der Vorsitzende Heiner Hellmann.

Übersehen werde zudem, dass Schulpsychologen vielfältige Aufgaben wahrnehmen. „Sie unterstützen lernschwache Schüler, verbessern die Pädagogik und bilden Lehrer und Eltern weiter“, sagt Hellmann. Hinzu käme die Durchführung und Auswertung von Tests für verhaltensauffällige oder hochbegabte Kinder.

Dass bei mehr als 26.000 Kindern und Jugendlichen wohl kaum die von Politik und Medien geforderte Aufmerksamkeit für besonders unauffällige Jungs und damit für mögliche Amokläufer bewältigt werden könne, scheitere außerdem an den anderen Patienten – den Lehrern. Schulpsychologen werden heutzutage vor allem in der Lehrerbetreuung eingesetzt, kritisiert Hellmann. Die Schüler kämen da oft zu kurz. UTA GENSICHEN