: Bis auf den Rumpf
Bei der Fernsehzeitschrift „TV Today“ sollen Ende September 68 Mitarbeiter gekündigt werden
Hamburg taz ■ „Heute ist ein rabenschwarzer Tag für TV-Today“, schallt es aus dem Megaphon. Rund 120 Menschen stehen am Brunnen hinter dem Gruner-und-Jahr-Gebäude am Hamburger Baumwall. Sie blasen in kleine Plastiktröten und halten Transparente hoch: „TV Today – Verraten, verkauft und dann gekündigt.“
Die Belegschaft der Fernsehzeitschrift TV Today kämpfte gestern Mittag um ihre Arbeitsplätze. 68 von 108 Mitarbeitern sollen bis Ende September entlassen werden. Das sei der Plan von Josef Depenbrock, dem neuen Geschäftsführer des Magazin Verlags am Fleetrand (MVF), behauptet der Betriebsrat. Der MVF ist der Herausgeber der TV Today. Die Geschäftsführung begründe den Personalabbau um 63 Prozent mit der „hochdefizitären Situation“ des Verlags.
Depenbrock wolle viele Abteilungen komplett schließen, zum Beispiel die Programmredaktion, so der Betriebsrat weiter. Drittanbieter sollten die entstehenden Lücken stopfen. Auch in allen anderen Abteilungen würde „das Personal auf Rumpfbesetzung zusammengestrichen“.
Am 1. Mai hatte Hans Barlach, der Verleger der Hamburger Morgenpost, den MVF von Gruner und Jahr gekauft. Angeblich hatte TV Today rote Zahlen geschrieben und Auflage verloren. Barlach soll sie vor der Einstellung bewahrt und versprochen haben, die Zeitschrift bis mindestens 2006 nicht vom Markt zu nehmen. Im Juni sagte Barlach in einem Interview mit dem Deutschen Journalistenverband Hamburg: „Ich habe noch kein Konzept zum Planstellenabbau in der Schublade. Selbstverständlich werden alle Vorhaben mit der Belegschaft erörtert.“
„Wir haben am Montag um 18 Uhr das erste Mal von dem geplanten Stellenabbau zu Ende September gehört“, sagte gestern Betriebsrat Kay Sokolowsky. Für ihn ist klar: „Das Outsourcing führt zu Qualitätsminderungen. Dies hat auf lange Sicht automatisch Leserverlust zur Folge. Wir haben andere Vorstellungen, wie man den Verlag gesund machen kann.“
Redaktionen sollten selbst Dienstleistungen verkaufen. Auch Teilzeitmodelle schweben dem Betriebsrat vor. Darüber wollen sie mit der Geschäftsführung diskutieren – nicht über die Art und Weise von Kündigungen. Geschäftsführer Josef Depenbrock stand der taz gestern für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung.
Sebastian Siegloch