piwik no script img

Archiv-Artikel

Off-Kino Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Asche und Diamant“ 12. 9.–13. 9. im Filmkunsthaus Babylon 2

Die Qualität der Animation dieser deutsch-japanischen Produktion ist ja eher mittelprächtig zu nennen, doch die Geschichten um „Wickie und die starken Männer“ sind wirklich prima. In den Siebzigerjahren gehörten die Fernsehabenteuer des kleinen ängstlichen Wikingerjungen, der mit seinem leicht begriffsstutzigen Vater Halvar und dessen Mannen immer wieder auf große Fahrt geht, unbedingt zur Sozialisation westdeutscher Kinder dazu. Der Spielfilm zeigt, wie alles begann: Wickie muss zunächst einen Wettstreit mit seinem Vater gewinnen, ehe ihm jener erlaubt mitzufahren. Dass sich die starken Männer eigentlich auf Raubzüge begeben, tritt dann sehr schnell in den Hintergrund – stattdessen gehen Wickie und seine Kameraden ständig irgendwelchen Leuten in der weiten Welt bei ihren nicht unerheblichen Problemen zur Hand, die der Junge dank seiner Pfiffigkeit („Ich hab’s!“) relativ mühelos bewältigt. Hier lässt sich dann auch die pädagogische Absicht der Geschichten erkennen: Mit Intelligenz erreicht man seine Ziele letztlich viel effektiver als mit Gewalt. Und dass Halvars Truppe am Ende doch immer mit einem voll beladenen Schiff nach Hause kommt, verdanken die freundlichen Wikinger den vielen Geschenken, die sie ob ihrer Hilfsbereitschaft erhalten haben.

***

„Vivement Dimanche!“ (Om engl. U) 9. 9.–10. 9. im Zeughauskino

Eine Reihe mit klassischen französischen Kriminalfilmen präsentiert das Zeughauskino im September. Klassischer Kriminalfilm, das hieß für François Truffaut vor allem: amerikanisches Kino. Kein Wunder also, wenn die Schwarz-Weiß-Fotografie und die vielen regennassen nächtlichen Straßen in „Vivement Dimanche!“ (Auf Liebe und Tod, 1983) vor allem an den Film noir der Vierzigerjahre erinnern. Darüber hinaus ist die Krimikomödie eine vergnügliche Hommage an die britischen Werke von Truffauts Idol Alfred Hitchcock. Da gibt es: den gänzlich unschuldig verfolgten Immobilienmakler Vercel (Jean-Louis Trintignant) und seine Katz-und-Maus-Beziehung zur Sekretärin Barbara (Fanny Ardant), die im Bemühen, ihren Chef von einem Mordverdacht zu befreien, auch schon einmal mit dem Eiffelturm zuschlägt, ziemlich witzige Dialoge, viele falsche Fährten sowie eine Unmenge von absurden Zufällen, über die man kaum die Zeit hat nachzudenken. So zeigt das letzte Werk des früh verstorbenen Truffauts noch einmal auf besonders amüsante Weise, was den Regisseur zeitlebens beschäftigte: das Kino und die schönen Frauen.

„Wickie und die starken Männer“ 12. 9. in der Kurbel 2

Als „polnischer James Dean“ wurde Zbigniew Cybulski (auch er zu früh verstorben) apostrophiert, und wenn man ihn in Andrzej Wajdas wohl bekanntestem Werk, der Verfilmung von Jerzy Andrzejewski 1948 erschienen Romans „Asche und Diamant“, als nationalistischen Attentäter sieht, der den Sinn seines Kampfes zunehmend infrage stellt, weiß man, warum. Die Hände in den Hosentaschen und den gebeugten Kopf zwischen die hoch gezogenen Schultern geklemmt, geht er die Straßen entlang, ein verletzlicher Rebell ohne Grund, der eigentlich vom Leben nur das erwartet, was jeder möchte: ein wenig Liebe. LARS PENNING