: Demagogischer als Bush
Es ist einfach Zufall, dass es konkrete Hinweise und Erkenntnisse gab (auch Bush & Rice persönlich bekannt), dass Linienflugzeuge für Anschläge benutzt werden sollten, und Rice nach den Anschlägen sagt, dass sich niemand so etwas hat vorstellen können. Es ist auch Zufall, dass gerade an diesem Tag die Standardroutinen für vom Kurs abweichende Linienmaschinen nicht funktionierten. Es ist auch Zufall, dass nichts für die Verbesserung der Flugsicherheit getan wurde, die rechten Falken sich aber an einem Papier aufgeilten (Rebuilding America’s Defenses: weltweite amerikanische Dominanz sichern mit konventionellen und ABC-Waffen), dessen Umsetzung nach einer Katastrophe wie Pearl Harbor leichter durchzusetzen wäre. Apropos Pearl Harbor: Die (Verschwörungs-)Theorie, dass die USA auf den Angriff vorbereitet waren und ihn als willkommenen Anlass genommen haben, um endlich in den Krieg eingreifen zu können, ist doch hoffentlich auch widerlegt? Sonst gäbe es da ja einen Präzedenzfall.
Das mit den finanziellen Verlusten (mehrere hundert Milliarden US-$?) für die US-Kapitalisten tut mir natürlich Leid, aber da unsere Freunde in der US-Regierung ja von der Waffen- und Ölindustrie (und Halliburton!) bezahlt werden, hoffe ich, dass es sie persönlich nicht zu hart getroffen hat.
Ich jedenfalls kann ruhiger schlafen, weil ich kein Verschwörungstheoretiker bin. Sonst müsste ich mir ja Gedanken machen, ob das keine Zufälle waren, dass Absolventen der „School of the Americas“ jahrzentelang Oppositionelle in Südamerika umgebracht haben, dass die USA Terrorgruppen wie die Taliban ausgebildet und ausgerüstet haben; die USA Kriegsmaterial in Krisenregionen liefern; die USA Waffen an beide Kriegsparteien verkauften (Iran/Irak); mal wieder in einem Land mehr Drogen produziert werden, nachdem die Amis reingegangen sind (Afghanistan); dass es wegen der USA keine weltweit greifenden Kontrollen für Waffen gibt, während die USA alles tun, um internationale Rechtsstandards zu verhindern (Sabotage des Internationalen Gerichtshofs, kein Interesse an Verfahren für die Inhaftierten in Guantánamo Bay: „Justice for all“?).
Ganz und gar taz-unwürdig fand ich den Absatz, dass, wenn man eine (Mit-)Schuld der US-Regierung annimmt, man ja nicht mehr um die Opfer in New York trauern müsste, sondern man dann lieber um gefallene Al-Qaida-Kämper weint. Das ist ja noch plumper und demagogischer als Bushs unsägliches „You’re either with us, or with the terrorists“. MARTIN KARABASCH, Trier